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Ausgabe 04/2005
Erdwärme

Zweites Erdwärmekraftwerk geplant

Erdwärme wird in Deutschland zwar bereits vielfach zur Wärmeversorgung, kaum jedoch zur Stromerzeugung genutzt. Nach dem Bau des ersten und bisher einzigen deutschen Erdwärmekraftwerks im mecklenburgischen Neustadt-Glewe plant Vattenfall Europe jetzt eine zweite Strom produzierende Geothermieanlage. In dem rund 30 Kilometer nördlich Berlin gelegenen Groß Schönebeck wird neben einer bereits bestehenden Forschungsbohrung des GeoForschungsZentrums Potsdam (GFZ) noch in diesem Winter eine weitere, über 4000 Meter tiefe Bohrung niedergebracht.


Forschungsbohrung im Geothermielabor Groß Schönebeck (Foto: A. Saadat, GFZ)
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Über den so aufgebauten Wasserkreislauf soll das 150 Grad heiße Tiefenwasser dann zur Oberfläche gepumpt werden. Nachdem ihm die Wärme zur Stromerzeugung entzogen wurde, wird es über die zweite Bohrung zurückgeführt. Erweist sich der Heißwasserkreislauf als ausreichend ergiebig, will Vattenfall anschließend ein Kraftwerk errichten. Erwartet wird eine elektrische Leistung von rund einem Megawatt. Finanziell unterstützt wird das Projekt von Bundesumweltministerium und Land Brandenburg.


Das Prinzip geothermischer Stromerzeugung (Grafik: GFZ)
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Voraussetzung für den Energie liefernden Prozess ist, dass das Gestein in der Tiefe durchlässig genug für einen Wasserkreislauf ist – was normalerweise nicht der Fall ist. Um die Porosität zu erhöhen und vorhandene Risse und Hohlräume künstlich zu erweitern, wurde deshalb in Groß Schönebeck Wasser unter hohem Druck in den Untergrund gepresst. Die aus der Erdölindustrie bekannte Technik wurde hier erstmals für die hydrothermale Geothermie genutzt: „Nach einer Serie von Stimulations-Experimenten haben wir jetzt eine Produktivität erreicht, die die Stromerzeugung aus Erdwärme auch unter hiesigen geologischen Bedingungen energiewirtschaftlich interessant macht“, meint Dr. Ernst Huenges, Leiter der Sektion Geothermie am GFZ. Nach der zweiten Tiefenbohrung – in etwa einem Kilometer Entfernung von der ersten – will man zunächst gründlich prüfen, ob das Wasser auf Dauer durch das neu geschaffene Riss-System zirkulieren kann: „Die Investition in die Stromerzeugung lohnt sich nur, wenn die Produktion langfristig sichergestellt ist“, so Ernst Huenges. Das bei positivem Ergebnis entstehende Kraftwerk soll dann als Demonstrationsanlage für verfahrenstechnische und energiewirtschaftliche Untersuchungen dienen.


Schnitt durch den Untergrund (Grafik: GFZ)
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Die Stromerzeugung aus Erdwärme ist unter den gegebenen geologischen Bedingungen wissenschaftliches und ökonomisches Neuland. Entsprechend groß ist – bei Kosten von einigen Millionen Euro für die mehrere Kilometer tiefen Bohrungen – das Investitionsrisiko. Allerdings: Der Untergrund unter dem Versuchsstandort der Potsdamer Forscher ist typisch für Mitteleuropa, Heißwasservorkommen sind in weiten Teilen des Norddeutschen Beckens verbreitet. Ein Erfolg in Groß Schönebeck wäre daher wohl für größere Regionen von Bedeutung.

imi