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Ausgabe 04/2003 |
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Ausgabe 04/2003
Wasserkraft
Förderung aufgestockt
Rund acht Prozent des deutschen Stroms wird aus regenerativen Energiequellen
erzeugt gut die Hälfte davon mit Wasserkraft. Andere Länder
sind hier weiter: Brasilien bezieht 90 Prozent seines Stroms aus der
Kraft des Wassers, Norwegen sogar 99 Prozent. Dabei gäbe es auch
hier zu Lande noch Potenzial, vor allem durch Modernisierung bestehender
Anlagen. Der Verband der deutschen Energiewirtschaft VDEW schätzt,
dass in den nächsten 10 bis 15 Jahren zusätzlich 1,5 Gigawattstunden
für 500.000 Haushalte erzeugt werden könnten. Dennoch ist
der Ausbau der Wasserkraft in den letzten Jahren ins Stocken geraten.
Der Grund: Vom Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) profitierten bisher
nur kleine Anlagen bis fünf Megawatt Leistung. Eine Novelle des
EEG sorgt nun für Bewegung: Weil die Beschränkung wegfällt,
rücken auch große Wasserkraftwerke über fünf Megawatt,
die 40 Prozent des gesamten regenerativen Stroms beisteuern, wieder
ins Interesse der Energieversorger.
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Wasserkraftwerk Rheinfelden in Baden: das erste große Flusskraftwerk Europas. (Foto: NaturEnergie AG)
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Zur Nagelprobe kommt es am Hochrhein. In Rheinfelden nahe Basel plant
die NaturEnergie AG, eine Tochter der Karlsruher EnBW, an Stelle des
über 100 Jahre alten 25-Megawatt-Kraftwerks den Neubau eines Wasserkraftwerks
mit 115 Megawatt. Seine vier Turbinen sollen ab 2019 jährlich 600
Millionen Kilowattstunden erzeugen etwa soviel wie 300 Windräder
und 160.000 Haushalte mit Strom versorgen. Mit einem Investitionsvolumen
von 400 Millionen Euro wäre Rheinfelden das bundesweit größte
Bauvorhaben bei den erneuerbaren Energien. Im internationalen Maßstab
bleibt Rheinfelden dennoch ein Leichtgewicht. Das derzeit größte
Wasserkraftwerk der Welt in Itaipu an der Grenze zwischen Brasilien
und Paraguay leistet 14 Gigawatt.
Dennoch ist das Projekt am Rhein umstritten. Trotz eines naturnahen
Umgehungsgewässers mit Fischtreppe befürchten Naturschützer
weitere gravierende Eingriffe in das Ökosystem. Und der Bundesverband
Erneuerbarer Energien kritisiert die neue Förderpraxis als ein
zusätzliches Geschenk an die Versorgungwirtschaft. Damit
würden Ex-Monopolisten belohnt und ein weiterer Ausbau von Windkraft
und Photovoltaik behindert. Andreas Fußer, Vorder NaturEnergie
AG, hält dagegen, dass auch die neue EEG-Förderung nicht ausreiche.
Fußer rechnet in Rheinfelden mit Erzeugungskosten von neun Cent
pro Kilowattstunde über die Abschreibungszeit von 35 Jahren. Zum
Vergleich: Konventionell erzeugter Strom kostet nur 2,5 Cent. Der Referentenentwurf
für das EEG, der auf eine Förderung von fünf Cent pro
Kilowattstunde abzielt, könnte ein goldener Mittelweg sein. Um
die Lücke zu schließen, hofft die NaturEnergie AG auf eine
Bürgschaft des Landes Baden-Württemberg und auf Einnahmen
aus dem Emissionsrechtehandel.
Für das Klima wäre Rheinfelden auf jeden Fall ein Gewinn:
600.000 Tonnen Kohlendioxid ließen sich jährlich einsparen.
Außerdem ist die Wasserkraft weit gehend unabhängig von der
Witterung und liefert bis zu 6000 Stunden pro Jahr die maximale Stromausbeute.
Zum Vergleich: Windgeneratoren und Photovoltaik kommen nur auf 1000
bis 3000 Stunden.
Bernd Müller
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