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Ausgabe 04/2003 |
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Ausgabe 04/2003
Meeresströmungskraftwerk
Unterwasser-Windmühlen in Betrieb
Wir waren die ersten, betont der Physiker Jochen Bard vom
Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET)
in Kassel: Mitte Juni ging Seaflow, das weltweit erste Meeresströmungskraftwerk,
vor der Südwestküste Englands nahe der Mündung des Flusses
Severn in Betrieb. Wie ein Windrad unter Wasser dreht sich in 30 Meter
Tiefe ein zweiflügliger Rotor. Die fünf Meter langen Mühlenblätter
sind verstellbar, um die Strömung bei Ebbe wie bei Flut optimal
nutzen zu können. In der Meerenge südlich von Wales erreicht
die Tidenströmung Geschwindigkeiten von zwei bis drei Metern pro
Sekunde. Trotz dieser vergleichsweise geringen Geschwindigkeit
der Rotor dreht sich nur 15 mal in der Minute erzeugt er eine
elektrische Leistung von 300 Kilowatt: Da Wasser mehr als 800 mal dichter
als Luft ist, erzeugt ein Rotor unter Wasser mehr Energie als über
Wasser. Ein Windrad müsste für die gleiche Leistung wesentlich
größer sein.
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"Seaflow" im Entwurf. (Grafik:
Marine Current Turbines)
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Auf den teuren Netzanschluss für die von Großbritannien,
Deutschland und der EU finanzierte Pilot-Anlage hat man allerdings verzichtet.
Erst die nächste Maschine soll Energie in das Stromnetz einspeisen.
Zuvor wird Seaflow etwa ein Jahr lang genau untersucht, auch von Wissenschaftlern
des ISET, die bereits an der Konzeption der Anlage beteiligt waren:
Wie verhält sich die Leistung in Abhängigkeit von der Meeresströmung?
Welche Belastungen treten auf und wie wirken sich Wind und Seegang auf
die Anlage aus?
Bewährt sich der Prototyp, dann wollen die beteiligten
Firmen die Anlage in den nächsten Jahren weiter entwickeln
und vor allem die Wirtschaftlichkeit steigern. In größerer
Stückzahl gebaut, erwartet man für eine Kilowattstunde Strom
mit der Seaflow-Technik Kosten von etwa fünf bis zehn Cent: Das
ist nicht unschlagbar billig, meint Jochen Bard, aber auch
nicht so teuer, dass die Weiterentwicklung der Technik aussichtslos
wäre. In deutschen Küstengewässern sind die Potenziale
für solche Anlagen zwar nicht groß, möglicherweise aber
die Exportchancen für deutsche Industriebetriebe.
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Rotor im Kvalsund-Kanal (Grafik: Hammerfest Strøm)
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Das große Plus der Seaflow-Anlage: Für Reparatur- und Wartungsarbeiten
können Rotor und Generator über die Wasseroberfläche
angehoben werden. Dies ist anders bei einer ähnlichen Anlage, die
ähnlich dimensioniert wie Seaflow weiter nördlich
im norwegischen Kvalsund-Kanal in Betrieb ging und seit Mitte September
zur Stromversorgung der Stadt Hammerfest beiträgt. Wartungsarbeiten
müssen hier in der starken Strömung schwierig und kostspielig
von Tauchern erledigt werden. Nach dem Test des Prototyps will
der norwegische Entwickler Hammerfest
Strøm in einigen Jahren in die Serienproduktion einsteigen.
Die Idee, frei umströmte Rotoren ins Meer zu stellen, erklärt
Jochen Bard, hätte ohne die Fortschritte in der Nutzung der Windenergie
nicht so schnell verwirklicht werden können. Dabei ist die Gezeitenströmung
ein besserer Energielieferant als der Wind: Im Gegensatz zu Wind- oder
Sonnenenergie, die stark vom Wetter abhängig sind, ist die Meeresströmung
kontinuierlich und berechenbar. Richtig aufgestellt, kommt die Wassermühle
nur für wenige Minuten am Tag zur Ruhe, wenn die Gezeiten nach
zwölf Stunden kurz aussetzen. Solange sich die Erde dreht
und der Mond sie umkreist, so Bard, ist diese Energie sicher.
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Rotor und Generator
von "Seaflow" können über die Wasseroberfläche gehoben
werden (Foto: ISET).
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Die Unterwasseranlagen gelten darüber hinaus als umweltverträglich.
Da sich die Rotoren nur langsam drehen, sollten sie so die Befürworter
der Technologie Fische und andere Meeresbewohner kaum stören.
Für Schiffe sind die tief im Meer verankerten Anlagen kein Hindernis.
Einziger Nachteil: Fischfang ist in der Umgebung der Wassermühlen
nicht möglich, weil sich die Netze in den Turbinen verfangen könnten.
imi
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