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Ausgabe 02/2002
Global Link

Interkontinentaler Energieverbund

Im Jahr 1930 stellte Oskar Oliven, Direktor der Gesellschaft für elektrische Unternehmungen, seinen "Generalplan" für ein europäisches Höchstspannungsnetz vor. Durch die Nutzung zeitlich und regional unterschiedlicher Anbieter könnten, so Oliven, Verluste bei der Energiespeicherung verringert werden. Die Vision des Praktikers sah ein 10.000 Kilometer langes Stromnetz vor, dass unter anderem die Wasserkraft in Skandinavien, die Gebiete der Braun- und Steinkohlevorkommen in Nordfrankreich und Westdeutschland miteinander verbinden sollte. Die weltweite Vergleichmäßigung von Angebot und Nachfrage wird heute als "Global Link" bezeichnet.


(Foto: NASA).
Global Link dient dem Ausgleich zwischen Energiebedarf und -angebot. Als solcher existiert er für die Nutzung primärer Energieträger wie Kohle, Erdgas oder Erdöl seit langem: Die im mittleren Osten geförderte Kohle wird nach Rotterdam transportiert, dort zur Erzeugung elektrischer Energie verwand, die in Deutschland verbraucht wird. Im Jahr 2000 bezog Deutschland 18 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland, ein Vertrag, der bereits in den siebziger Jahren geschlossen wurde.

Nach Meinung einiger Wissenschaftler sind die Vorteile des Global Link jedoch noch weiter ausbaufähig. Prof. Helmut Schaefer, emeritierter Leiter des Lehrstuhls für Energiewirtschaft und Anwendungstechnik an der Technischen Universität München, hat sich eingehend mit der Realisierung eines globalen Stromnetzes befasst.

Energie-Perspektiven: Wie nah sind wir einem globalen Stromverbund?
Helmut Schaefer: "Mit dem Aufbau solcher globalen Netze begeben sich die einzelnen Länder in gewisse Abhängigkeiten. Zukunftsmusik ist ein Global Link daher vor allem aus politischen Gründen, für die technischen Probleme gibt es Lösungen. Stromnetze sind sehr wirtschaftlich, weil sie gegenüber reinen Einzelnetzen den Aufwand vermindern."

Energie-Perspektiven: Die Bedarfsspitzen morgens und abends, in denen Strom vor allem von Privathaushalten abgenommen wird, stellen einen großen technischen Aufwand dar. Welche Technik wird sich durchsetzen?
Helmut Schaefer: "Es geht nicht darum eine bestimmte Technik durchzusetzen. Man überlegt vielmehr wie verschiedene Techniken so verknüpft werden können, dass ihre Vorteile verstärkt und Nachteile zurückgedrängt werden. Der Global Link wäre wegen des Leistungsaustauschs ein guter Ansatz Bedarfsspitzen zu decken."

Energie-Perspektiven: Beziehen Sie in Ihre Betrachtungen zu einem "Global Link" die regenerativen Energien mit ein?
Helmut Schaefer: "Ja, ich denke zum Beispiel an die Wasserkraft am Kongo. Es wäre technisch und auch wirtschaftlich möglich, regenerative Energien nach Europa zu bringen. Und selbstverständlich gibt es ein wirtschaftliches Interesse von Zaire, Strom zu verkaufen und dafür Geld zu bekommen."

Energie-Perspektiven: Halten Sie es für realistisch, dass ein politisch so instabiles Land wie der Kongo kontinuierlich Strom nach Europa liefert?
Helmut Schaefer: "Für mich ist der Gasimport der Sowjetunion ein gutes Beispiel. Die Verträge dazu sind in den finstersten Zeiten des kalten Krieges entstanden. Die Lieferungen sind immer prompt erfolgt. Warum hat das geklappt? Weil die Sowjetunion natürlich an unserer Mark interessiert war und wir unsere Gasverfügbarkeit diversifizieren wollten. Und so habe ich eine Hoffnung auch in Bezug auf den afrikanischen Global Link."

Energie-Perspektiven: Welche Gremien müßten Ihrer Meinung nach zusammentreten, um einen Global Link zu realisieren? Kann die Politik hier helfen?
Helmut Schaefer: "Das ist keine Aufgabe für Politiker! Alle, die Elektrizität erzeugen, müßten etwas tun. Die gesamte westeuropäische Vereinigung der Stromerzeuger ist ohne politischen Druck entstanden. Sie ist entstanden, weil die Stromerzeuger gemerkt haben, das sie durch gemeinsames Agieren viel Aufwand sparen, billiger und sicherer produzieren können. Das waren rein private Initiativen. Und am liebsten wäre es mir natürlich, wenn es so weiterginge."

Ich danke Ihnen für dieses Gespräch!
Petra Nieckchen