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Ausgabe 02/2002 |
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Ausgabe 02/2002
Kernkraft
Ausstieg und Erweiterung
Während sich Schweden und Belgien kürzlich den Ausstieg aus
der Kernkraftnutzung bis zum Jahr 2025 vorgenommen haben, stimmte das
Parlament in Finnland im Mai für den Bau eines neuen Kernkraftwerkes.
Das Energieversorgungsunternehmen Teollisuuden Voima Oy (TVO)
wird die Anlage in Olkiluoto oder Loviisa auf dem Gelände eines
der vier bestehenden Kernkraftwerke betreiben. Noch offen ist, ob es
sich um einen Druck- oder Siedewasserreaktor handeln wird. Je nach Leistung
- zwischen 1000 und 1600 Megawatt - beziffert TVO die Investitionskosten
auf 1,7 bis 2,5 Milliarden Euro. Zur Begründung seiner Investitionsentscheidung
verweist das Unternehmen, das auch Kohlekraftwerke betreibt, auf Studien
der Technischen Universität Lappeenranta. Danach ist unter den
finnischen Bedingungen das geplante Kernkraftwerk die - verglichen mit
den Alternativen Kohle oder Gas - ökonomisch günstigste Möglichkeit
Grundlaststrom zu erzeugen.
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Kernkraftwerk in Olkiluoto (Foto: TVO)
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In Finnland, dem nördlichsten Industrieland der Welt, ist der Pro-Kopf-Energieverbrauch
hoch: Hierzu tragen das kalte Klima bei, die großen Entfernungen,
der hohe Lebensstandard und die energieintensive Industrie. Die vier
bisherigen Kernkraftwerke liefern 27 Prozent der Stromversorgung. Das
neue Kraftwerk soll dazu beitragen, die Importabhängigkeit Finnlands
auf dem Energiesektor zu senken: Die wichtigsten heimischen Energierohstoffe
- Holz, Wasserkraft und Torf - decken nahezu 30 Prozent des Energieverbrauchs.
Mehr als 70 Prozent des Primärenergiebedarfs wird jedoch durch
Importe gedeckt, über die Hälfte davon aus einem einzigen
Land, aus Russland.
Hinzu kommt, dass nach Schätzungen des Verbandes der finnischen
Energieindustrie (Finenergy)
die Stromnachfrage bis zum Jahr 2015 auf 97 Milliarden Kilowattstunden
steigen wird - eine Zunahme um mehr als 20 Prozent gegenüber 1999.
In Verbindung mit der bevorstehenden Schließung älterer fossil
befeuerter Anlagen bedeutet dies für Finnland einen zusätzlichen
Bedarf von 3800 Megawatt Erzeugungskapazität.
Auch zum Klimaschutz soll das neue Kraftwerk beitragen: Im Rahmen der
internationalen Klimavereinbarung muss Finnland bis zum Jahr 2012 seine
Emissionen an Treibhausgasen um etwa 20 Prozent reduzieren. Ohne die
Stromerzeugung der vier finnischen Kernkraftwerke, so TVO, wäre
die heutige Kohlendioxidproduktion doppelt so hoch. Zur Erfüllung
des Kioto-Protokolls setzt Finnland jedoch auch auf erneuerbare Energien.
Das Land hat dabei mit knapp einem Viertel der Stromerzeugung aus erneuerbaren
Energien, vor allem Wasserkraft, Wind und Biobrennstoffe, eine Spitzenstellung
unter den Industrieländer inne.
Die Entscheidung für ein neues Kernkraftwerk wurde wohl auch durch
den Umstand erleichtert, dass in Finnland die Entsorgung des nuklearen
Abfalls geregelt ist. Ein Endlager, dem Regierung und Parlament bereits
zugestimmt haben, soll in der Nähe des Kernkraftwerks in Olkiluoto
gebaut werden, einige hundert Meter tief in zwei Milliarden Jahre alten
Gestein.
imi
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