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Ausgabe 01/2005 |
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Ausgabe 01/2005
Windenergie
Der Weg aufs Meer
Statt heute rund fünf Prozent soll der Wind nach den Plänen der Bundesregierung
in dreißig Jahren ein Viertel des deutschen Stroms erzeugen. An Land ist
sind geeignete Standorte jedoch bereits heute knapp. Anders ist dies auf See,
wo auch eine weitaus höhere Energieausbeute möglich wäre. Die
Hoffnung ruht daher auf Windparks in Nord- und Ostsee. Während in britischen,
irischen, dänischen und schwedischen Meeresgewässern schon Windmühlen
stehen, wird in deutschen Teilen des Meeres voraussichtlich im nächsten
Jahr mit dem Bau der ersten Windparks begonnen.
Die erste Windenergieanlage auf deutschem Boden mit immerhin nassen Füßen
startete im Oktober vergangenen Jahres den Probebetrieb: In der Ems bei Emden
wurde in rund drei Meter Wassertiefe eine Enercon E-112 mit 4,5 Megawatt Leistung
als Semi-Offshore-Windrad errichtet. Ihr Rotor mit 114 Metern Durchmesser
dreht sich auf einem 100 Meter hohen Stahlturm. Der Vorhabensträger, die
ENOVA Energieanlagen GmbH, baute die Anlage komplett vom Wasser aus, allerdings
auf einem Standardfundament, wie es auch auf dem Festland verwendet wird.
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Aufbau der REpower 5M (Foto: REpower) |
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Zunächst im Binnenland in Brunsbüttel nahm Anfang Februar auch das
weltgrößte Windrad REpower 5M den Testbetrieb auf. Der Prototyp der
für die Nutzung auf See konzipierten Anlage liefert fünf Megawatt
Leistung (siehe Energie-Perspektiven 2/04). Bei einem Rekorddurchmesser von
126 Metern ist die von ihren Rotoren überstrichene Fläche so groß
wie zwei Fußballfelder. Die ersten Offshore-Exemplare werden vermutlich
2007 vor der Ostküste Schottlands in 44 Meter Wassertiefe gebaut werden.
Um Natur und Tourismus möglichst wenig zu beeinflussen, dürfen die
deutschen Projekte im Unterschied zu denen anderer Länder
erst weit draußen vor der Küste jenseits der 12-Seemeilengrenze in
relativ großen Wassertiefen von 20 bis 40 Metern in der so genannten Ausschließlichen
Wirtschaftszone gebaut werden. Zuständige Genehmigungsbehörde
ist damit das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg
und Rostock.
Derzeit laufen hier Verfahren für insgesamt 31 Offshore-Windparks, 27 in
der Nord- und vier in der Ostsee insgesamt mehr als acht Gigawatt Nennleistung
in den Pilotphasen. Nach der Verabschiedung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
und der damit verbundenen Förderung der Offshore-Windenergie wurden wir
mit Anträgen geradezu überschüttet, berichtet Dr. Manfred
Zeiler vom BSH. Um die Verfahren zu erleichtern, hat die Bundesregierung
daraufhin so genannte potentielle Eignungsgebiete in Nord- und Ostsee
als konfliktarme Areale identifiziert. Wenn die gegenwärtig laufende
Prüfung dieser Gebiete Ende 2005 abgeschlossen sein wird, können sie
in künftige Raumordnungspläne der ausschließlichen Wirtschaftszone
als Vorranggebiete übernommen werden.
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Schutzgebiete und Windnutzungsareale in der deutschen Nordsee (Karte: BSH) |
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Acht Projekte mit Pilotphasen von maximal 80 Anlagen hat das BSH bisher genehmigt.
Mit den Ablehnungen der beiden in der Ostsee geplanten Projekte Adlergrund
und Pommersche Bucht Ende letzten Jahres wurden jedoch erstmals
auch Zulassungen verweigert: Laut BSH konnte keine positive Prognose zu möglichen
ökologischen Auswirkungen gestellt werden. Die Seegebiete östlich
und nordöstlich von Rügen sind nämlich im Winter wichtige Rastplätze
für einige geschützte Vogelarten. Im Mai 2004 hat sie Deutschland
daher als Meeresschutzgebiete im Rahmen des europäischen Schutzgebietsnetzes
Natura 2000 an die EU gemeldet. Die Antragsteller seien frühzeitig darauf
hingewiesen worden, dass in solchen Bereichen eine Genehmigung nur nach sehr
strenger Prüfung der möglichen Umweltbeeinträchtigungen erteilt
werden könnte.
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Sämtliche Schutz- und Nutzungsgebiete in der deutschen Nordsee (Karte: BSH) |
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Allerdings ist es nicht nur der Umweltschutz, den das BSH im Auge hat: Die Küstengebiete
in Nord- und Ostsee zählen zu den am dichtesten befahrenen Gewässern
der Erde. Auch um die Sicherheit des Schiffsverkehrs müssen sich die BSH-Experten
also kümmern. Hierzu gehören unter anderem Risikoanalysen darüber,
mit welcher Wahrscheinlichkeit Schiffe mit den Windenergieanlagen kollidieren
könnten. Ebenso zu berücksichtigen sind die Interessen der deutschen
Marine, der Fischerei und der Betreiber von Unterwasserkabeln zum Beispiel
Telekommunikationskabel und Rohrleitungen. In gestaffelt angelegten Beteiligungsrunden
eines mehrere Jahre dauernden Verfahrens werden diese Fragen intensiv diskutiert
und nach Möglichkeit mit dem Windenergieprojekt in Einklang gebracht.
Bleibt die Frage, wie der im äußersten Norden erzeugte Windstrom
in das deutsche Verbundnetz integriert und in die Verbrauchszentren in der Mitte
und im Süden Deutschlands transportiert werden soll. Die hierzu 2003 von
der Deutschen Energieagentur Dena in Auftrag gegebene Netzstudie wurde jetzt
fertiggestellt (siehe Beitrag Dena-Netzstudie in dieser Ausgabe
der Energie-Perspektiven).
imi
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