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Ausgabe 04/2018
Windenergie

Störender Windschatten       

Windräder können den Wind stark abbremsen und verwirbeln. Dieser Effekt, der aus Modellen und Satellitenbildern bekannt ist, wurde kürzlich mit einem Forschungsflugzeug für Windparks in der Nordsee genauer vermessen. In der Deutschen Bucht konnte ein Forschungsverbund – darunter Wissenschaftler der Universität Tübingen, des Karlsruher Instituts für Technologie, der Technischen Universität Braunschweig und des Helmholtz-Zentrums Geesthacht – unter bestimmten Wetterbedingungen großräumige Wirbelschleppen nachweisen.


Wirbelschleppen, fotografiert im dänischen Windpark Horns Rev (Foto: Vattenfall)

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Für die meisten Wettersituationen sind diese „Nachläufe“ zwar nur lokal innerhalb eines Windparks wirksam. Bei stabiler atmosphäri­scher Schichtung jedoch, wenn warme Luft vom Festland über die kalte Nordsee strömt, kann die Windgeschwindig­keit bis zu 70 Kilometer weit abgesenkt sein.

Mit den Messungen, die im Januar im Fachmagazin Scientific Reports veröffentlicht wurden, lassen sich die Einflüsse auf benachbarte, stromab liegende Windparks besser vorhersagen und Modellsimulationen verbessern. Die Arbeiten liefen im Rahmen des Forschungsprojekts „Windpark-Fernfeld“, das vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird. Ziel sind Werkzeuge, die den weiteren Ausbau der Windkraft begleiten und optimieren können.


Mit einem Messflugzeug wurden Windgeschwindigkeit und Turbulenz bestimmt
(Grafik: TU Braunschweig)

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Die wirtschaftlichen Folgen für einen Windpark, der häufig im Windschatten eines anderen liegt, haben amerikanische Forscher jetzt für ein konkretes Beispiel in Texas errechnet. Ein Team der Universität von Colorado kam für den untersuchten Fall auf ein Minus von zwei Millionen Dollar pro Jahr, so die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Energy“.

Für ihre Berechnung nutzten sie öffentlich zugängliche Daten: die monatliche Strom­erzeugung der betreffenden Windparks, stündliche Angaben zu Windrichtung und -geschwindigkeit sowie die monatlichen Durchschnitts­preise für den Ankauf von Windstrom aus den Jahren 2011 bis 2015. Im mehrjährigen Mittel kommt der benachteiligte Windpark auf eine Minderleistung von etwa fünf Prozent.


Messung: Windgeschwindigkeit nördlich des Windparks Amrumbank West (Abbildung: Andreas Platis)

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Diese Ergebnisse seien auch für den Ausbau der Offshore-Windparks in Deutschland von Bedeutung, sagt Stefan Emeis vom Karlsruher Institut für Technologie, der am Projekt Windpark-Fernfeld beteiligt ist: „Allerdings müsste jede Kombination von Windparks separat durchgerechnet werden, da Größe und Abstand der Windparks voneinander und das lokale Windklima eine wichtige Rolle spielen.“ Trotz der einschränkenden Randbedingungen in der Nordsee – wie Wassertiefe, Stromtransport an Land, Schifffahrtsstraßen, Naturschutzgebiete –  solle man versuchen, „die Abstände zwischen den einzelnen Windparks in der Nordsee zu vergrößern, um die gegenseitige Abschattung möglichst gering zu halten. Auch um spätere juristische Streitigkeiten zu vermeiden, sollten die derzeit in der Planung benutzten Nachlauf-Modelle der Windkraftindustrie auf den neuesten Stand gebracht werden.“  

imi



Publikationen:

First in situ evidence of wakes in the far field behind offshore wind farms. Andreas Platis, Simon K. Siedersleben, Jens Bange, Astrid Lampert, Konrad Bärfuss, Rudolf Hankers, Beatriz Cañadillas, Richard Foreman, Johannes Schulz-Stellenfleth, Bughsin Djath, Thomas Neumann, Stefan Emeis. In: Nature Scientific Reports, 2018,
DOI: 10.1038/s41598-018-20389-y

Costs and consequences of wind turbine wake effects arising from uncoordinated wind energy development. J. K. Lundquist, K. K. DuVivier, D. Kaffine, J. M. Tomaszewski. In: Nature Energy, 2018,
DOI: 10.1038/s41560-018-0281-2