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Ausgabe 01/2005
Fusionsforschung

Neue Anlage in Indien

Mit der Abkühlung der supraleitenden Magnete auf Tiefsttemperatur nahe dem absoluten Nullpunkt hat die Inbetriebnahme des neuen indischen Fusionsexperimentes SST-1 im Institute for Plasma Research (IPR) in Bhat, Provinz Gujarat, begonnen. Das erste Plasma wird im Juni erwartet.



SST-1 im Entwurf (Grafik: IPR)
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Mit einem Durchmesser des Plasma-Ringes von gut einem Meter ist SST-1 (Steady state superconducting tokamak) vergleichsweise klein. Statt auf plasmaphysikalische Fragen konzentriert man sich mit SST-1 nämlich bewusst auf die technischen Herausforderungen einer modernen Fusionsanlage – Supraleitung und Dauerbetrieb: „Die Technologien selbst zu entwickeln, war für uns die größte Herausforderung“, erklärt Dr. Subrata Pradhan, der Leiter der IPR-Abteilung Magnete. Das supraleitende Niob-Titan-Kabel für die Magnete wurde zwar von Hitachi in Japan produziert, die Magnetspulen wurden daraus jedoch in indischen Industriebetrieben gewickelt und fertiggestellt. Auch der Bau von SST-1 lief völlig in Eigenregie. Durch flüssiges Helium werden die Spulen nun auf 4,5 Grad über dem absoluten Nullpunkt abgekühlt. So werden später 15 Minuten lange Plasma-Experimente möglich.

Ziel der Fusionsforschung ist es, die Energieproduktion der Sonne in einem irdischen Kraftwerk nachzuvollziehen. Brennstoff ist ein dünnes ionisiertes Gas, ein „Plasma“ aus den Wasserstoffsorten Deuterium und Tritium. Nächster großer Schritt der weltweiten Forschung ist der Internationale Testreaktor ITER, der erstmals ein brennendes Fusionsfeuer liefern soll. Dazu muss es gelingen, das Plasma wärmeisoliert in Magnetfeldern einzuschließen und auf Temperaturen über 100 Millionen Grad aufzuheizen. Nur mit supraleitenden Magneten, die beim Betrieb so gut wie keine Energie verbrauchen, ist ein dauerbetriebsfähiges Fusionskraftwerk möglich.



Die Anlage geht zur Zeit in Betrieb
(Foto: IPR)
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Das 1986 gegründete IPR beschäftigt heute 220 Wissenschaftler und Ingenieure in den Feldern Plasmatechnologie sowie Nieder- und Hochtemperatur-Plasmaphysik. Neben SST-1 betreibt das Institut noch die kleinere Fusionsanlage ADITYA mit normalleitenden Spulen. Dr. Pradhan: „In Indien setzt man hohe Erwartungen in die Fusion. Insbesondere die mögliche Beteiligung an dem internationalen ITER-Projekt nimmt man sehr ernst.“ Entsprechende Gespräche laufen bereits. „Wie die Leistungen des IPR zeigen, könnte Indien in der Tat ein potenter Partner für das Großprojekt ITER sein“, kommentiert Professor Harald Bolt vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching: „Bedenkt man, wie jung das Institut ist, so ist das Erreichte doppelt bewundernswert“.

imi