Erstes Offshore-Testfeld: Bilanz
Rund 45 Kilometer nordnordwestlich der Insel Borkum liegt alpha ventus, der erste deutsche Windpark auf hoher See. 2010 wurde das Testfeld offiziell in Betrieb genommen. Über Probleme, Erfahrungen und erste Ergebnisse berichten Mitarbeiter einer begleitenden Forschungsinitiative in dem kürzlich erschienenen Buch „Meer – Wind – Strom“.
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Windpark alpha ventus (Foto: DOTI 2010)
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Das Buch ist für all jene gedacht, die verstehen möchten, welche Forschungsfragen es rund um Offshore-Windenergie gab und gibt, zum Beispiel: Welche Sensoren werden für welchen Forschungszweck genutzt? Vor welche Herausforderungen stellen Bau und Betrieb auf hoher See? Die zwölf Windkraftanlagen der 5-Megawatt-Klasse stehen in Wassertiefen von rund 30 Metern; bei Projekten zuvor seien es maximal 15 Meter gewesen. Auch die 45 Kilometer Entfernung zur Küste waren Neuland. Hier herrschen raue Bedingungen: Im Winter ist der Windpark nur zu 30 Prozent der Zeit mit dem Schiff erreichbar.
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Windstrom in Deutschland (Grafik: IPP, Daten: AGEB)
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Der Leser erhält genaue Informationen zu Beanspruchung und Verschleiß der Rotorblätter, zur Einwirkung des salzigen Meerwassers und zu den Erkenntnissen aus dem Betrieb. Genau untersucht wurden die Abschattungseffekte für die Anlagen in zweiter und dritter Reihe. Auch die Auswirkungen auf die Umwelt wurden analysiert: Zum Beispiel herrscht an den Anlagen im Wasser eine Dauerbeschallung vergleichbar dem Geräuschpegel in einer Universitäts-Mensa.
Storys am Rande erlauben einen Blick hinter die Kulissen: So wurden bei einer der Anlagen zwei Turmsegmente vertauscht – in der Eile, 2009 noch vor den Herbststürmen fertig zu werden. Viel Messtechnik habe in der Folge neu auf See installiert werden müssen. Und ausgerechnet bei Starkwind kann an einem Forschungsprototypen in Schleswig-Holstein nicht gemessen werden, weil die Turbine dann oft abgestellt wird – nicht, weil die Konstruktion sonst überlastet würde, sondern weil das Netz dort nicht in der Lage sei, die hohe elektrische Leistung abzutransportieren.
Mit jährlich 4.500 Volllast-Stunden erzielt alpha ventus bislang Spitzenwerte im europäischen Vergleich. „Offshore in Deutschland geht jetzt erst richtig los“, heißt es im Vorwort. „Die Forschung dazu geht weiter, die Erfolgsgeschichte hoffentlich auch.“
Annett Stein
Literaturhinweis:
Michael Durstewitz, Bernhard Lange (Hrsg.): Meer – Wind – Strom. Forschung am ersten deutschen Offshore-Windpark alpha ventus. Springer Verlag Wiesbaden, 2016, 260 Seiten, ISBN 978-3-658-09782-0