Projekt „Saubere Kohle“
Das Kraftwerk W.A. Parish im texanischen Thompsons ist eines der größten Kohlekraftwerke der USA. Hier ging im Januar das weltgrößte System zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid in Betrieb: Petra Nova.
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Dicke Rohre führen das Rauchgas zur Abtrennanlage Nova Petra (NRG Energy)
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Aus dem Rauchgas einer der acht Kraftwerkseinheiten soll die Anlage über 90 Prozent des Verbrennungsprodukts Kohlendioxid abtrennen – 5000 Tonnen pro Tag. Das komprimierte und verflüssigte Gas fließt durch eine Pipeline 130 Kilometer weiter in das West Ranch-Ölfeld. Dort wird es untertage gepresst, um Erdöl aus der schwächelnden Lagerstätte herauszudrücken. Die Betreiber – NRG Energy, JX Nippon und Hilcorp – erwarten, dass mit diesem „Enhanced Oil Recovery“ genannten Verfahren (siehe Energie-Perspektiven 3/02) die Fördermengen in den nächsten Jahren bis auf das Fünfzigfache wachsen und zugleich 1,6 Millionen Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid jährlich unterirdisch entsorgt werden können.
Die mit der Ölförderung verbundenen Gewinne sollen dabei einen Teil der Verluste ausgleichen, die durch die Kohlendioxid-Abscheidung entstehen. Denn der Prozess verbraucht Energie, was den Wirkungsgrad des Kraftwerks mindert.
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Der Absorberturm (NRG Energy)
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Mit drei Jahren Bauzeit und Kosten von einer Milliarde US-Dollar wurden Zeitplan und Budget eingehalten, betonen die Betreiber. Nicht nur dies unterscheidet Petra Nova von einem weiteren Saubere-Kohle-Projekt in Texas, dem Braunkohle-Kraftwerk in Kemper County. In der 580-Megawatt-Anlage soll das Kohlendioxid nicht, wie mit Petra Nova, nach dem Verbrennen der Kohle aus dem Abgas abgetrennt werden, sondern vorher, was technisch wesentlich anspruchsvoller ist. Dazu wird die Braunkohle zunächst vergast. Es entsteht Kohlendioxid, das abgetrennt, sowie Wasserstoff, der verbrannt wird. Vorteil eines solchen Kombikraftwerks mit integrierter Kohlevergasung – englisch „Integrated Gasification Combination Cycle“ oder kurz IGCC – sind geringere Effizienzverluste.
In Kemper sollen 65 Prozent des Kohlendioxids – drei Millionen Tonnen pro Jahr – aufgefangen und zur Ertragssteigerung in ein benachbartes Ölfeld gepumpt werden. Die Emissionen sänken damit auf das Niveau eines Erdgas-Kraftwerks, dem klimafreundlichsten fossil befeuerten Kraftwerkstyp – die Erdöl-Emissionen dabei allerdings nicht berücksichtigt. Die Bauarbeiten für Kemper begannen 2010. Der vier Jahre später geplante Betriebstermin wurde jedoch ebenso wenig gehalten wie die veranschlagten Kosten, die von 2,2 auf heute sieben Milliarden US-Dollar stiegen. Das Management, nicht die Technologie sei das Problem, zitiert die New York Times ehemalige Mitarbeiter. Viel erkläre sich jedoch auch dadurch, sagt Howard Herzog vom Massachusetts Institute of Technology, dass zahlreiche, völlig neuartige Technologien zu verwirklichen und aufeinander abzustimmen seien, und zwar nicht in einer Versuchsanlage, sondern in Kraftwerksgröße.
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Das Kohlendioxid wird per Pipeline weitergeleitet (NRG Energy)
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Petra Nova und Kemper gehören zu einer Reihe kommerzieller, aber vom Energieministerium finanziell geförderter Modellprojekte, die im Rahmen der „Clean Coal Power Initiative“ bis 2016 ans Netz gehen sollten. Das Ziel: den Kohlendioxidausstoß der USA senken und dennoch die üppigen heimischen Kohlevorräte nutzen und Arbeitsplätze erhalten. Heute ist Petra Nova das einzige laufende Großprojekt des Landes; Kemper könnte dieses Jahr folgen.
Weltweit gesehen ist zurzeit einzig in Kanada ein Kraftwerk mit Kohlendioxid-Abtrennung in Betrieb, das 110-Megawatt-Braunkohlekraftwerk Boundary Dam. Geplant sind acht weitere Projekte in China, Großbritannien und Südkorea. Pläne in Deutschland (siehe Energie-Perspektiven 4/14) wurden aufgegeben.
imi