Sonnenstrom vom Balkon
Die Idee hat Charme: Man kauft sich ein Photovoltaikmodul für den Südbalkon, schließt es über einen Wechselrichter an die Steckdose an und ab sofort sinkt die Stromrechnung, wenn die Sonne scheint. Der Wechselrichter verwandelt den solaren Gleichstrom in Wechselstrom mit der richtigen Frequenz und Spannung für das heimische Netz. Dann läuft der Stromzähler langsamer oder bleibt sogar stehen, wenn das Solarpanel Energie liefert. Mit solchen Mikro-Photovoltaik-Anlagen können auch Personen, die kein Haus oder Grundstück besitzen, Solarenergie für sich nutzen. PV-Guerilla nennt sich diese teilweise Selbstversorgung mit Energie. Noch sind Balkone mit Solarmodulen allerdings kein alltäglicher Anblick im Stadtbild. Aktuelle Installationszahlen waren bei Verbänden oder Herstellern derzeit nicht zu bekommen.
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Sonnenbalkone – geeignet für die Stromernte mit Guerilla-Faktor? (Foto: Panthermedia)
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Die Mini-Anlagen werden unter Namen wie Solar-Pac, miniJOULE oder Sun Invention angeboten – manche eignen sich für die Selbstmontage, andere sind nur über den Fachhandel zu beziehen. Ein typisches Modul ist etwa 1,6 Meter lang und 80 bis 90 Zentimeter breit, hat eine Spitzenleistung (Watt Peak) zwischen 190 und 250 Watt und erzeugt je nach Standort und Ausrichtung etwa 200 Kilowattstunden Strom im Jahr. Zum Vergleich: Eine Kühl-Gefrierkombination der Energieeffizienzklasse A+++ verbraucht etwa 150 Kilowattstunden pro Jahr. Bei einem Strompreis von 0,26 Euro pro Kilowattstunde ergäbe sich eine jährliche Einsparung von gut 50 Euro. Die Anschaffungskosten liegen – ohne Installation – in etwa bei 600 Euro, so dass sich die Anlage je nach Strompreisentwicklung nach frühestens 10 Jahren amortisieren kann. In das öffentliche Netz einspeisen dürfen Mikro-PV-Anlagen nicht. Nutzer müssen also Sorge tragen, dass ihr Stromzähler über eine Rücklaufsperre verfügt, um zu verhindern, dass kein Strom ins Netz gelangt, wenn die Solarzellen mehr Energie produzieren als aktuell verbraucht wird.
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Mini-PV–Anlage (Foto: www.miniJOULE.com) |
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Während manche in den Kleinstanlagen ein Mittel zur Demokratisierung des Solarmarkts sehen, betonen andere Gefahren bei unsachgemäßer Installation. So warnt der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik e.V. (VDE) vor dem direkten Anschluss der Kleinstanlagen an die heimische Steckdose. Beispielsweise könnten unter bestimmten Umständen Sicherungen ihre Schutzfunktion nicht mehr in vollem Umfang erfüllen. Es bestehe die Gefahr einer Überlastung des Stromkreises, die sogar zu Bränden führen könne. Der VDE empfiehlt dringend, Mikro-PV-Anlagen von Fachleuten normgerecht installieren zu lassen. Der Bundesverband Solarwirtschaft schließt sich der Empfehlung an, betont aber zugleich die Notwendigkeit, geeignete Normen für die Installation von Kleinstanlagen zu erarbeiten, um deren Nutzung zu fördern. In anderen Ländern ist man da weiter, erklärt Ralf Haselhuhn von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e.V.: „Während bei den Normen und Richtliniengremien in der Schweiz und in den Niederlanden technische Regeln für den Anschluss für Kleinstanlagen erstellt wurden, ist dergleichen beim VDE noch nicht passiert. So ist es in den beiden Ländern möglich, dieses mit einer abgesicherten Außensteckdose bis 600 Watt zu tun.“
Christine Rüth