Pflanzen im Klimastress
Die steigende Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid in der Erdatmosphäre treibt nicht nur die Temperaturen in die Höhe, sondern verringert offenbar auch den Nährstoffgehalt vieler Grundnahrungsmittel. Wie ein Forscherteam in der Zeitschrift „Nature“ berichtet, lassen hohe Kohlendioxid-Werte bei Getreide und Hülsenfrüchten den Gehalt an Eisen und Zink sowie an Proteinen sinken. Dies sei die größte bislang bekannte Gesundheitsgefahr durch den Klimawandel, mahnen die Wissenschaftler.
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Weizen reagiert empfindlich auf Änderungen der Kohlendioxid-Konzentration (Foto: Panthermedia)
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Die Forscher um Samuel Myers von der US-amerikanischen Harvard-Universität in Boston werteten Daten von sieben Versuchsflächen in den USA, Australien und Japan über mehrere Jahre aus. Bei verschiedenen Kohlendioxid-Werten prüften sie den Ertrag von Weizen, Reis, Soja, Erbsen, Mais und Hirse. Die erhöhten Kohlendioxid-Konzentrationen lagen zwischen 0,546 und 0,586 Promille – ähnlich den für Mitte dieses Jahrhunderts vorhergesagten Werten.
In Weizenkörnern sank der Zinkgehalt um 9,3 Prozent, der Eisengehalt um 5,1 Prozent. Auch bei Reis, Erbsen und Soja lagen die Werte niedriger als bei der heutigen Kohlendioxid-Konzentration. Der Proteingehalt schrumpfte bei Weizen und Reis um 6,3 und 7,8 Prozent. Als recht resistent erwies sich dagegen Hirse oder Mais. Sie können Kohlendioxid besser binden als Reis oder Weizen und reagieren deshalb weniger empfindlich auf Veränderungen der Konzentration.
Der genaue Mechanismus für die schlechtere Nährstoffbildung ist nicht bekannt. Weltweit sind, so schätzen die Forscher, bereits heute rund zwei Milliarden Menschen von Zink und Eisen Mangel betroffen – eine Minderversorgung, die lebensbedrohlich sein kann. „Die Folgen des globalen Klimawandels für die öffentliche Gesundheit sind schwer vorherzusagen, und wir erwarten viele Überraschungen“, schreiben die Autoren. Dass mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre den Nährwert bestimmter Pflanzen senkt, sei eine solche Überraschung, auf die man sich nun vorbereiten könne – wenn nicht durch Senken des Kohlendioxid-Ausstoßes, dann durch Züchten weniger empfindlicher Pflanzensorten.
Walter Willems
Quelle:
Samuel S. Myers et al.: Increasing CO2 threatens human nutrition. In: Nature, 5. Juni 2014, Vol. 510, Seite 139-142