Windstrom aus Sonnenenergie
Die Solarenergiebranche, so scheint es zumindest im Süden der USA, setzt auf Türme. Seit Februar sammelt das Solarthermiekraftwerk Ivanpah südlich von Las Vegas mit Hilfe von zwei 140 Meter hohen Türmen die von 350.000 beweglichen Spiegeln reflektierten Sonnenstrahlen ein (siehe Energie-Perspektiven 1/2014).
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Das in Arizona geplante Fallwindkraftwerk (Grafik: Solar Wind Energy Tower)
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Ein Turm ganz anderer Art, aber ebenfalls zur Gewinnung von Sonnenenergie, soll nun südwestlichsten Zipfel von Arizona entstehen: Ein etwa 680 Meter hohes und 350 Meter breites Fallwindkraftwerk. Wenn es wie geplant 2018 in Betrieb geht, wird es das zweithöchste Gebäude der Welt sein. Im April hat die Stadt San Luis der Firma Solar Wind Energy Tower grünes Licht für ihr Projekt gegeben, das nach Berichten von Bloomberg New Energy Finance mit 1,5 Milliarden Dollar veranschlagt ist.
Das Kraftwerk soll Energie aus heißer, trockener Luft gewinnen. Am oberen Ende eines hohlen Turms wird Wasser versprüht, das in der Hitze verdunstet und so der Luft Energie entzieht. Die Luft kühlt ab und sinkt mit etwa 80 Stundenkilometern durch den Turm in die Tiefe. Dort wird sie in Windkanäle geleitet und treibt Turbinen zur Stromerzeugung an. Anders als konventionelle Solaranlagen, die das Sonnenlicht direkt nutzen, kann das Fallwindkraftwerk auch nachts arbeiten, da es in der Luft gespeicherte Energie nutzt. Rund 435 Megawatt elektrische Leistung soll das Kraftwerk im Jahresdurchschnitt bringen, die Spitzenleistung liegt bei 1250 Megawatt. Die Stromgestehungskosten sind nach Angaben von Solar Wind Energy Tower zwei Drittel geringer als für andere alternative Energien.
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Wüstenklima und große Mengen an Wasser sind für ein Fallwindkraftwerk nötig (Grafik: Solar Wind Energy Tower) |
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Obwohl die Idee zu Fallwindkraftwerken nicht neu ist – schon 1975 ließ sich der Ingenieur Phillip Carlson das Konzept patentieren – wurde bis heute keine Anlage gebaut: Mit ein Grund dürfte der enorme Wasserbedarf sein. Er hängt stark von der Temperatur und Luftfeuchte außerhalb des Turms sowie vom Wasser selbst – Salz- oder Süßwasser – ab. Grob ein halber Kubikmeter Wasser pro Sekunde würde für zehn Megawatt elektrische Nettoleistung gebraucht, rechnet der Energieberater Dr. Gregor Czisch. Er hat sich seit Jahrzehnten mit der Technik befasst und 2005 für seine Dissertation unter anderem das globale Potential für Fallwindkraftwerke ermittelt.
In Arizona soll, wie Ron Picket, Vorstandsvorsitzender von Solar Wind Energy Tower, in einer öffentlichen Telefonkonferenz erläuterte, ein großer Teil des eingesetzten Wassers wiedergewonnen werden. Im Jahr benötige das Fallwindkraftwerk etwa fünf Prozent des jährlichen Wasserbedarfs der Stadt San Luis mit ihren 26.000 Einwohnern. Die Stadt hat zugesagt, das Kraftwerk die nächsten 50 Jahre mit Wasser zu versorgen.
Gregor Czisch verfolgt das Projekt mit Interesse, aber auch mit leichter Skepsis: „Das, was über das Konzept bekannt ist, lässt bei mir und meinen Fachkollegen noch einige Fragen offen. Zum Beispiel die Frage, wie das Wasser zurückgewonnen werden soll, wo doch die Verdunstung von Wasser gerade das Prinzip ist, mit dem das Kraftwerk Energie gewinnt.“ Generell ist er jedoch vom Potential der Fallwindkraftwerke überzeugt: „An den besten von uns evaluierten Standorten lassen sich Strompreise von etwa zwei Cent pro Kilowattstunde realisieren. Es wäre es sehr zu begrüßen, wenn die neue Initiative Erfolg hätte und dazu alle Kräfte bündeln würde.“
Christine Rüth