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Ausgabe 03/2013
Erderwärmung

Treiben Wetterextreme den Klimawandel an?

Wenn der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre steigt, heizt sich die Erde auf – der bekannte Treibhauseffekt. Aber auch extreme Wetterlagen wie Hitzewellen, Starkregen oder Stürme scheinen zuzunehmen. Ob sie Pflanzen und Böden dazu veranlassen, zusätzlich Kohlendioxid freizusetzen und so den Klimawandel noch zu verstärken, hat jetzt ein internationales Forscherteam um Markus Reichstein vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena untersucht.


In Dürreperioden wird weniger Kohlenstoff aufgenommen (Foto: Panthermedia)

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Die vor zehn Jahren Mittel- und Südeuropa durchglühende gewaltige Sommerhitze gehört zu den ersten großflächigen Wetterextremen, anhand derer Wissenschaftler umfassend dokumentierten, wie Wärme und Trockenheit den Austausch von Kohlendioxid zwischen Land und Atmosphäre beeinflussen. Die Messungen deuteten darauf hin, dass extremes Wetter die klimatische Pufferwirkung von Land und Pflanzen schwächt. Diese Wirkung ist beträchtlich: Pflanzen und Böden nahmen in den letzten 50 Jahren etwa ein Drittel des Kohlendioxids auf, das der Mensch vor allem aus fossilen Brennstoffen freisetzte.

Das vor vier Jahren gestartete EU-Forschungsprojekt CARBO-Extreme untersuchte erstmals weltweit und systematisch die Folgen der verschiedenen extremen Klimaereignisse für Wälder, Sümpfe, Graslandschaften und Ackerflächen: Satelliten beobachteten über Jahre, wie viel Licht Pflanzen für ihre Fotosynthese in bestimmten Gebieten absorbieren. Dies verrät, wie viel Biomasse jeweils während oder nach einem extremen Wetterereignis aufgebaut wurde. Weltweit zeichneten Messstationen zudem die Kohlendioxid-Konzentrationen über dem Boden oder über Baumkronen sowie Luftströmungen auf. Daraus ergibt sich, wie viel Kohlenstoff ein Ökosystem in Form von Kohlendioxid aufgenommen oder abgegeben hat.

Nach der Auswertung in aufwendigen Computermodellen stand fest: Klimatische Extreme wirken sich stark auf den Kohlenstoffkreislauf aus. Pro Jahr nehmen die Pflanzen im Schnitt rund elf Milliarden Tonnen weniger Kohlendioxid auf als ohne Wetterextreme. „Das entspricht in etwa der Menge an Kohlenstoff, die an Land jährlich längerfristig gespeichert wird“, sagt Markus Reichstein. „Sie darf daher nicht vernachlässigt werden.“

Bisher haben sich Dürren, Hitzewellen, Stürme und Starkregen durch den menschengemachten Klimawandel zwar noch nicht deutlich verstärkt. Viele Forscher erwarten aber, dass das künftig geschehen wird (siehe Energie-Perspektiven 2/2013): Weil Landökosysteme bei extremem Wetter weniger Kohlendioxid aufnehmen, stiege der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre und damit die Temperatur zusätzlich an. Dies könnte wiederum zu vermehrten Wetterextremen führen – „ein sich selbst verstärkender Effekt“, so Markus Reichstein.

MPIBGC/PH/bal


Originalpublikation:
Markus Reichstein et al.: Climate extremes and the carbon cycle. in: Nature, 15. August 2013; doi: 10.1038/nature12350