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Ausgabe 04/2011
Klimaschutz

Holzfeuer im Kohlekraftwerk

Um steigende Anteile von Strom aus Wind- und Solaranlagen in das Energiesystem aufzunehmen, muss gesicherte Kraftwerksleistung vorgehalten werden, die einspringt, wenn Wind- oder Sonnenstrom aussetzen. Zurzeit tun dies vor allem Gas- und Kohlekraftwerke (siehe Energie-Perspektiven 3/2011). Holzartige Biomasse, die in Kohlekraftwerken mitverbrannt wird, böte eine gute Möglichkeit, meint die Deutsche Energie-Agentur dena, den Anteil erneuerbarer Energien zu steigern und gleichzeitig die Stromversorgung sicherzustellen.


Holz – ein wertvoller Rohstoff. (Foto: BilderBox)

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Holzartige Biomasse, zum Beispiel Hackschnitzel oder hochveredelte Pellets, könnte in Deutschland perspektivisch bis zu 50 Prozent der Kohle ersetzen, so eine dena-Studie. Kurzfristig ließen sich – mit zehn Prozent Beimischung – knapp 30 Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen, also rund ein Zehntel des jährlich in Deutschland von Kohlekraftwerken freigesetzten Gases. „Deshalb müssen wir die Marktentwicklung der Biomassemitverbrennung gezielt fördern“, sagt dena-Vorsitzender Stephan Kohler. In Belgien, Dänemark, Großbritannien und den Niederlanden geschieht dies bereits.

Bei einem durchschnittlichen Förderbedarf von heute 3,6 Cent pro Kilowattstunde liegen die Kohlendioxid-Vermeidungskosten niedriger als bei anderen regenerativen Energien. Während die per Erneuerbare-Energien-Gesetz geförderten Technologien eine Tonne Kohlendioxid im Mittel für rund 80 Euro einsparen, sind es nur 27 bis 54 Euro pro Tonne, wenn in Steinkohlekraftwerken zehn Prozent Holz mitverbrannt werden.

Eine Beimischung von zehn Prozent Hackschnitzeln gilt in den meisten Kohlefeuerungsanlagen als technisch unbedenklich. Soll es mehr sein, werden meist größere Umbauten nötig. Auch feuerungstechnisch zeigen sich dann Schwierigkeiten. Der Beimischungsanteil lässt sich nur mit dem Wechsel zu hochwertiger Biomasse – etwa hochveredelte Holzpellets – erhöhen. Durch Trocknen, Verdichten und eventuell Rösten verringert sich der Wassergehalt und die Energiedichte steigt – die Verbrennungseigenschaften der Pellets werden kohleähnlicher.


Pro Tonne eingespartes Kohlendioxid fallen je nach Technologie unterschiedliche Kosten an (Grafik: dena)
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Dazu wären allerdings jährlich rund sieben Millionen Tonnen Hackschnitzel nötig, ein gewaltiger Bedarf, den Deutschland nur durch einen Mix aus heimischer und importierter Biomasse decken könnte. Denn Holz wird auch für den Bau, die Papier- und Möbel­industrie gebraucht; für die Verbrennung kommt nur Restholz aus dem Wald oder der Landschaftspflege in Frage (siehe Energie-Perspektiven 4/2007). Erhebliche Potenziale sieht die dena jedoch in Kurz­umtriebs­plan­tagen, in denen schnell wachsende Baumarten wie Ackerpflanzen geerntet werden können, vor allem aber im „großskaligen“ Import.

Letzteres beunruhigt die Konkurrenz auf dem Holzmarkt: Die dena-Studie wecke „falsche Erwartungen“, klagt die Holzindustrie. Die Importmöglichkeiten aus Übersee seien stark begrenzt. Eine zusätzliche Förderung der Holzverbrennung „würde zwangsläufig dazu führen, dass die Energieversorger verstärkt auf dem heimischen Rohholzmarkt einkaufen“, befürchtet der Präsident der Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher Ludwig Lehner. Die inländischen Vorkommen würden aber bereits vollständig genutzt. Im Interesse eines ganzheitlichen Energiekonzepts seien daher die Fördermaßnahmen für die energetische Nutzung von holzartiger Biomasse zu überprüfen.

Dass der Ausbau der energetischen Biomassenutzung vor große Herausforderungen stellt, sieht auch die dena. Die nötigen „nachhaltigen internationalen Biomassemärkte“ müssen erst geschaffen werden. Wann verlässliche Nachhaltigkeitskriterien eingeführt und wie schnell nennenswerte Holzmengen zertifiziert sein werden, sei „derzeit nicht absehbar“.

imi