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Ausgabe 01/2001 |
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Ausgabe 01/2001
Klimaprognosen
Kräht der Hahn auf dem Mist ...
dann ändert sich das Wetter, oder es bleibt wie es
ist. Die Bauernregel drückt aus, was der eine oder andere empfindet,
wenn er Wettervorhersagen lauscht: Die Prognose scheint oftmals wenig mit
dem zu tun zu haben, was sich draußen vor dem Fenster abspielt.
Von Meterologen und Klimaforschern wird in Zeiten, in denen von Treibhausgasen
und Klimakonferenzen die Rede ist, weit mehr erwartet als die Vorhersage
des Wetters von Morgen. Im Rückblick betrachtet, hatte der bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts
vorherrschende als Klimadeterminismus bezeichnete Forschungszweig eine ganz
andere Funktion: untersucht wurden die Wechselwirkungen zwischen sozialen,
psychologischen und religiösen Tendenzen und dem Klima einer Region.
Der berühmte amerikanische Geograph Ellsworth Huntington (1876 - 1947)
riet den Sitz der Vereinten Nationen bei ihrer Gründung 1945 nach Newport,
Rhode Island zu verlegen, da dort ein gutes Klima für den Menschen
herrsche. Die mondänen Kurbäder des 19. Jahrhunderts zeigen, dass
ein Zusammenhang zwischen Gesundheit und Klima gesellschaftlich akzeptiert
war. Auch heute spricht man gern von den energiegeladenen Menschen der gemäßigten
Zonen und den faulen der tropischen Gebiete. Erst nach dem zweiten Weltkrieg
verlor der Klimadeterminismus seine Bedeutung und ging in den Sozial,- Geo,-
und Religionswissenschaften als eigenständigen Disziplinen auf.
Seit den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts übernimmt der
Meteorologe immer stärker die Rolle des Umweltschützers. Das als
Treibhauseffekt bekannte Schlagwort steht für vom Menschen verursachte
Klimaveränderungen, die es auf wissenschaftlicher, wirtschaftlicher
und vor allem politischer Ebene einzudämmen gilt.
Die moderne Klimaforschung ist gerade erst vierzig Jahre alt. Zur Beobachtung
eines komplexen Systems, dessen Klima sich in Zeitspannen von Tausenden
von Jahren ändert, ist dies jedoch kein repräsentativer Zeitraum.
Um Prognosen eines zukünftigen Klimas zu wagen, müssen die Forscher
ergänzend auf ältere Daten zurückgreifen, die weniger präzise
gesammelt wurden als heute. Seit circa 300 Jahren werden meteorologische
Meßwerte archiviert. Das Datenmaterial wurde unsystematisch zusammengestellt,
Meßtechniken wurden nicht mit notiert, Wetterstationen wurden ohne
Korrekturen der Meßwerte an andere Orte verlegt. Die Liste der Unsicherheitsfaktoren
ist lang. Die Aufzeichnungen früherer Meterologen bedürfen daher
der Interpretation.
Für den besorgten Leser oder den wissenschaftlich Interessierten scheint
die Vielzahl der Meldungen über unser Klima unüberschaubar zu
werden. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sprießen wie Pilze aus
dem Boden.
Der Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) bildete
in den letzten Wochen das "Highlight" der Berichterstattung auf
diesem Gebiet. Das IPCC wurde 1988 durch die World Meteorological Organization
und das United Nations Environment Programme (UNEP) gegründet. Der
nunmehr dritte Report des bedeutenden Gremiums wurde von 200 Wissenschaftlern
und weiteren Fachleuten öffentlicher und privater Organisationen erstellt.
Die zentrale Aussage des Berichtes: Der Klimawandel wird mit bis zu 5,6Grad
Erderwärmung vermutlich stärker ausfallen als bisher angenommen.
Ein neuer Effekt ist in die Berechnungen des Klimamodells "Erde"
eingeflossen. Mit dem durch den Treibhauseffekt erwärmten Boden, vermehren
sich die in ihm lebenden Bakterien und dies führt wiederum zu einem
erhöhten Ausstoß des bakteriellen Stoffwechselproduktes Kohlendioxid.
Die globale Temperatur wird nach dieser Untersuchung bis zum Jahr 2100 stärker
ansteigen als in den vergangenen 10.000 Jahren. Es wird nicht die letzte
Untersuchung auf diesem Gebiet sein.
Ob man den Prognosen vertraut oder nicht: Allen ist mittlerweile bewußt,
dass Handlungsbedarf besteht eine Entwicklung zumindest einzudämmen,
deren Weichen bereits in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts gestellt
wurden. Umso bedauerlicher ist es, dass die Politiker den Wissenschaftlern
einmal mehr hinterher hinken, wie sich anlässlich der Weltklimakonferenz
in Den Haag zeigte.
pen
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