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Ausgabe 01/2001
Treibhauseffekt

Wohin mit dem Kohlendioxid?

Klimaprobleme werden lokal verursacht, wirken sich aber global aus. Im Rahmen der Vereinten Nationen versucht man daher das Problem in weltumspannenden Vereinbarungen einzudämmen. Wie schwierig dies ist, zeigt das Scheitern der letzten Weltklimakonferenz im November 2000 in Den Haag. Dabei sollte diese sechste Verhandlungsrunde eigentlich die letzte sein: Hier wollte man sich abschließend einigen, wie das 1997 in Kyoto beschlossene Klimaprotokoll umgesetzt wird. Das Protokoll legt fest, wieviel Treibhausgase - insbesondere das bei der Verbrennung entstehende Kohlendioxid - einzelne Länder erzeugen dürfen.


Klimauntersuchungen in Sibirien
(Foto: MPI für Biogeochemie)
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Minderungsverpflichtungen gingen in Kyoto 30 Industriestaaten und Länder im Übergang zur Marktwirtschaft ein, die im so genannten Annex-1 aufgeführten Staaten: Sie wollen ihren Ausstoß bis spätestens 2010 um insgesamt 5,2 Prozent unter das Niveau von 1990 senken. Die USA müssen ihre Emissionen um sieben, Japan um sechs und die EU insgesamt um acht Prozent reduzieren. Deutschand versprach eine Reduzierung um 21 Prozent. Die übrigen 159 Nationen der UN - wirtschaftsschwache Länder Europas sowie der Dritten Welt, darunter aber auch so potente Schwellenländer wie China (siehe Artikel zur chinesischen Energieversorgung) und Indien - haben keine Verpflichtung. Ihre industrielle Entwicklung soll nicht behindert werden. Die Vereinbarung tritt allerdings erst dann in Kraft, mindestens 55 Länder, die für 55 Prozent des emittierten Kohlendioxids verantwortlich sind, das Protokoll ratifizieren.

Da die Industrieländer ihren Energiebedarf überwiegend durch fossile Brennstoffe decken, sind hier Einsparungen schmerzlich: Entsprechend kam die Kyoto-Übereinkunft nur zustande, weil zusätzlich "flexible Klimaschutz-Instrumente" erlaubt wurden. Hierzu gehört der Handel mit Emissionszertifikaten, die Berücksichtigung von Kohlendioxid-Speichern wie Wälder und Ackerland sowie gemeinsame Maßnahmen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Bei diesem "Clean Development Mechanism" ersetzen Industrienationen in Ländern, die keine Minderungspflicht haben, klimaschädliche Altanlagen durch moderne Kraftwerke oder forsten Wälder auf.


Spurengas- messungen in der Atmosphäre per Flugzeug
(Foto: MPI für Biogeochemie)
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Über die Anrechnung dieser Maßnahmen kam auf der Konferenz keine Einigung zustande: Während Länder wie die USA, Japan und Australien die flexiblen Maßnahmen unbegrenzt nutzen wollten, bedie EU auf 50 Prozent tatsächlicher Emissions-Senkung im eigenen Land. Und grundsätzlicher noch: Anders als manche Verhandlungsführer in Den Haag voraussetzten, ist die Rolle von Kohlenstoff-Senken als Klimafaktor wissenschaftlich keineswegs geklärt. "Es ist bisher nicht möglich", so das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, "die natürliche Kohlenstoffbindung einzelner Staaten zu berechnen, wie es im Kyoto-Protokoll vorgesehen ist". Die Anrechnung von biologischen Senken ist "aus wissenschaftlicher Sicht unsinnig und klimapolitisch ein Risiko".

Zum gleichen Ergebnis kommt Ernst-Detlef Schulze vom Jenaer Max-Planck-Institut für Biogeochemie, das die Bundesregierung in Umweltfragen berät: "Da die Entwicklungsländer keine Verpflichtungen zum Verringern der Kohlendioxid-Emissionen eingegangen sind, werden dort verstärkt Wälder abgeholzt werden, um Flächen für die Clean Development-Maßnahmen der Industrieländer freizumachen". Berücksichtigt man die veränderte Biochemie im Boden der gerodeten Flächen, dann - so zeigen Untersuchungen des Instituts - setzt eine Wiederaufforstung jedoch eher Kohlendioxid frei: "Erst in zwanzig bis dreissig Jahren werden Aufforstungen Senken". Daher sollte besser die Nichtnutzung der Wälder als die Aufforstung belohnt werden.

Im Juli sollen die Verhandlungen auf einem erneuten Treffen in Bonn weitergeführt werden. Am Erfolg ist jedoch zu zweifeln, nachdem US-Präsident Bush kürzlich wissen, dass er das Kyoto-Protokoll grundsätzlich nicht als Verhandlungsbasis akzeptieren wolle.
imi