Saubere Kohle, Teil 2
Am Steinkohlekraftwerk W.A. Parish im texanischen Thompsons ging Anfang letzten Jahres die Anlage Petra Nova in Betrieb (siehe Energie-Perspektiven 1/17). Aus dem Rauchgas einer der acht Kraftwerkseinheiten trennt sie seither den Großteil des Kohlendioxids ab – mehr als eine Million Tonnen während der ersten zehn Betriebsmonate, meldet der Betreiber NRG. Technisch möglich seien bis zu 5000 Tonnen pro Tag.
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Die Abtrennanlage Petra Nova am Kohlekraftwerk W.A. Parish (Foto: NRG Energy)
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Das verflüssigte Gas fließt durch eine Pipeline in das benachbarte West-Ranch-Ölfeld. Untertage gepresst, drückt es Erdöl aus der zur Neige gehenden Lagerstätte. Damit steigerte sich die Förderung von zuvor 300 Barrel Erdöl auf 4000 Barrel pro Tag. Bis zu 15000 Barrel täglich könnten erreichbar sein. Positive Nebeneffekte: Das klimaschädliche Kohlendioxid wird unterirdisch entsorgt; die Öleinnahmen verringern die Kosten des teuren Abtrennverfahrens.
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Braunkohle sollte im IGCC-Kraftwerk in Kemper County umweltfreundlich verwertet werden (Foto: RWE)
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Neben Petra Nova ist weltweit noch ein weiteres Kraftwerk mit Kohlendioxid-Abtrennung und -Speicherung in Betrieb, das Braunkohlekraftwerk Boundary Dam in Kanada. Gescheitert ist dagegen das größte Saubere-Kohle-Projekt der USA, das Braunkohlekraftwerk in Kemper County, Mississippi. Hier sollte das Kohlendioxid nicht, wie mit Petra Nova, nach dem Verbrennen der Kohle aus dem Abgas abgetrennt werden. Die Kohle sollte stattdessen in Synthesegas und Kohlendioxid umgesetzt werden, was technisch wesentlich anspruchsvoller ist. Der Bau des Kombikraftwerks mit integrierter Kohlevergasung – englisch „Integrated Gasification Combination Cycle“, kurz IGCC – begann 2010. Zeit- und Kostenplan konnten jedoch nicht eingehalten werden. 2017 waren die Ausgaben von geplanten 3,5 auf über 7 Milliarden US-Dollar gewachsen. Die staatliche Aufsichtsbehörde untersagte schließlich, neue Mehrkosten auf die Stromkunden umzulegen. Daraufhin entschlossen sich die Betreiber Southern Company und Mississippi Power Mitte 2017, statt aufwändig aus Braunkohle gewonnenem Synthesegas nun Erdgas zu verfeuern.
Unabhängig vom Einzelfall zweifelt David Wagman in der Zeitschrift „IEEE Spectrum“, die vom Institute of Electrical and Electronics Engineers in New York herausgegeben wird, dass Saubere-Kohle-Technologien wie IGCCs in den USA noch marktgerecht sind. Einer der Gründe: Der Fracking-Boom (siehe Energie-Perspektiven 1/13) habe die Versorgung mit Erdgas zuverlässig und billig gemacht – eine übermächtige Konkurrenz für Kraftwerke, die Gas mit komplexer Technologie aus Kohle gewinnen.
imi