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Ausgabe 01/2016
Klimawandel

Steigende Meerespegel      

Der jüngste Anstieg des Meeresspiegels ist – im Rückblick auf die vergangenen 3000 Jahre – ohne Beispiel und geht höchstwahrscheinlich auf menschlichen Einfluss zurück. Dies hat ein internationales Forscherteam anhand von Daten aus verschiedenen Weltregionen rekonstruiert.


Seit 1860 ist der Meeresspiegel stark angestiegen – eine Folge der Industrialisierung?
(Foto: Panthermedia)

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Das Team von der Rutgers-Universität in Piscataway/USA zog aus Daten von weltweit zwei Dutzend Orten – im Nord- und Südatlantik, dem Südpazifik, Australien, dem Mittelmeer und dem Golf von Mexiko – Rückschlüsse auf frühere lokale Meerespegel. „Die Daten von nur einem Ort können den globalen Meeresspiegel nicht wiedergeben“, erklärt Projektleiter Robert Kopp. Dafür gebe es zu viele lokale Einflüsse. Obwohl Angaben aus weiten Teilen Asiens, Afrikas und Südamerikas fehlen, halten die Forscher ihr Modell für robust.

Der Meeresspiegel zeigte demnach ein stetiges Auf und Ab: Von Christi Geburt bis zum Jahr 700 stieg er um etwa 0,1 Millimeter pro Jahr. Danach blieb der Pegel dreihundert Jahre weitgehend stabil, bis eine Kaltphase, in der die Temperatur um 0,2 Grad Celsius zurückging, ihn jährlich um 0,2 Millimeter absinken ließ. Von 1400 an kletterte er bis 1600 um 0,3 Millimeter pro Jahr nach oben, um bis 1800 in ähnlichem Tempo wieder abzufallen.

Seit der Industrialisierung jedoch stieg der Pegel massiv an – von 1860 bis 1900 um 0,4 Millimeter pro Jahr und im 20. Jahrhundert um durchschnittlich 1,4 Millimeter jährlich: „Es ist extrem wahrscheinlich, dass der globale Anstieg des Meeresspiegels im 20. Jahrhundert schneller war als in jedem anderen Jahrhundert seit 800 vor Christus“, schreiben die Wissenschaftler.

Sie schätzen, dass der Pegel bei weiter zunehmendem Kohlendioxid-Ausstoß bis zum Ende des Jahrhunderts um 50 bis 130 Zentimeter steigen wird. Selbst bei extremer Drosselung der Emissionen rechnen sie mit 25 bis 60 Zentimetern. „Auf der Basis dieser Analyse einer weltweiten Datenbank regionaler Meeresspiegel-Rekonstruktionen können wir nun den Effekt in einer noch nie dagewesenen Robustheit aufzeigen“, sagt Ko-Autor Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Die neuen Daten bestätigten, wie ungewöhnlich die gegenwärtige Entwicklung sei: „Und sie zeigen, dass der Meeresspiegelanstieg als eine der gefährlichsten Klimafolgen bereits in vollem Gang ist.“ 

Walter Willems


Quellen:

Kopp, Robert E., et al.: Temperature driven global sea-level variability in the Common Era. In: Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 2016, DOI: 10.1073/pnas.151705611

Mengel, Matthias, et al.: Future sea-level rise constrained by observations and long-term commitment. In: Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 2016, DOI: 10.1073/pnas.1500515113