Journalisten und die Energiewende
Die deutschen Journalisten stehen der Energiewende offenbar skeptisch gegenüber, wenn man einer Studie der Soziologiestudentin Quinta Quindillan Frances glauben will. Rund 6.000 Pressevertreter hat sie während eines Praktikums bei der Düsseldorfer PR-Agentur Ecco online interviewt. Über 500 von ihnen, Journalisten aller Mediengattungen, gaben Auskunft.
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Auch unter Journalisten nicht beliebt: Überland-leitungen (Foto: Axel Kampke, IPP)
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Die befragten Journalisten halten sich selbst überwiegend für gut informiert über die Energiewende, nicht jedoch – meinen über 90 Prozent – die Bevölkerung. Nach den Verlierern der Energiewende gefragt, nennen gut die Hälfte der Journalisten die Verbraucher, gefolgt vom Handwerk. Auf der Gewinnerseite sieht die überwiegende Mehrheit Stadtwerke und dezentrale Energieversorger. Auch die Industrie zählen 58 Prozent eher zu den Gewinnern.
Auf die Frage, welche Anlage die Journalisten in ihrer Nähe haben möchten, fanden Solar-, Wasser- und Windkraftanlagen breite Zustimmung. Knapp die Hälfte der Befragten würde auch Biomasseanlagen oder Stromkonverter akzeptieren, lediglich eine Minderheit von 28 Prozent jedoch neue Hochspannungsleitungen tolerieren. Eine Bürgerinitiative, die sich gegen eine Überlandleitung wehrt, könne auf die Sympathie der Medien vertrauen, schließt daraus die Autorin. Umgekehrt müssten sich in diesem Bereich aktive Unternehmen auf medialen Gegenwind einstellen.
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Gewinner und Verlierer der Energiewende (Grafik: ECCO Düsseldorf) |
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Ein widersprüchliches Bild zeigte sich bei der Einschätzung der Offshore-Technik. Einerseits betonen fast 70 Prozent der Journalisten die hohen Kosten von Windparks auf See, andererseits sehen sie große Exportchancen. 82 Prozent der Befragten halten die weit von der Küste entfernten Standorte für einen deutschen Sonderweg. Eindeutiger ist die Meinung zum Projekt Desertec: Dem Vorhaben, in großem Stil Sonnenstrom aus Nordafrika nach Europa zu leiten, räumen nur 15 Prozent der befragten Journalisten eine Realisierungschance ein.
Die Befragten kommen aus allen journalistischen Ressorts. Es konnte deshalb auch ausgewertet werden, ob die berufliche Beschäftigung mit dem Thema Energiewende Einfluss auf die Einstellung zum Thema hat. „Das überraschende Ergebnis war,“ so Studienautorin Quinta Quindillan Frances, „dass es eben keine signifikanten Unterschiede gibt.“ Die sonst oft zu beobachtenden Meinungsunterschiede zwischen Experten und Nicht-Experten „scheint es unter Journalisten nicht zu geben“.
bal