Klimafreundliches Strohfeuer
Während der Anbau spezieller Energiepflanzen nicht jedermanns Beifall findet, ist dies schon anders, wenn es um Bioenergie aus organischen Abfällen geht. An landwirtschaftlichen Reststoffen fällt in Deutschland vor allem Getreidestroh an: 30 Megatonnen pro Jahr und damit etwas mehr als alle übrigen Reststoffe – Gülle, Mist, Zuckerrüben-, Kartoffel-, Raps- und Maisrückstände – zusammen auf die Waage bringen. Dieser wichtigste Bioreststoff wird energetisch bisher aber kaum genutzt. Welche Rolle Stroh im Energiemix spielen könnte, haben jetzt Wissenschaftler der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, des Deutschen Biomasseforschungszentrums und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung bilanziert.
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Stroh, der wichtigste Bioreststoff in Deutschland (Foto: Panthermedia)
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Etwa die Hälfte des Getreidestrohs wird als Einstreu in der Viehhaltung gebraucht oder geht bei der Ernte verloren. Soll die energetische Nutzung des übrigen Materials nachhaltig sein, ist zu bedenken, dass Stroh auch in der Humusbilanz der Böden eine wichtige Rolle spielt: Um dem Ackerland nicht dauerhaft Nährstoffe zu entziehen, muss ein Teil der trockenen Halme untergepflügt werden. Letztlich bleiben – je nach Berechnungsmethode – jährlich 8 bis 13 Megatonnen Stroh, die für die Energieerzeugung genutzt werden könnten. Bis zu vier Millionen Haushalte ließen sich so klimafreundlich mit Strom oder Wärme versorgen. „Damit liegt unseres Wissens jetzt erstmals eine Studie für ein EU-Land vor, die das Potenzial von Stroh für eine echte nachhaltige Energienutzung aufzeigt – inklusive Berücksichtigung der Humusbilanz“, sagt Autorin Professor Daniela Thrän.
Wie viel das Stroh zur Reduzierung der Treibhausgase beitragen kann, hängt davon ab, wie es genutzt wird – zur Wärmeerzeugung, Kraft-Wärme-Kopplung oder Biokraftstoffproduktion. Im Vergleich zu fossilen Brennstoffen ließen sich, so errechneten die Wissenschaftler, 70 bis 90 Prozent Kohlendioxid einsparen. Unter den Bedingungen in Deutschland wäre der Einsatz in der Kraft-Wärme-Kopplung am klimafreundlichsten. „Stroh sollte daher vorrangig in größeren Heizwerken bzw. Heizkraftwerken zum Einsatz gelangen, allerdings muss die Technologieentwicklung für eine umweltfreundliche Nutzung forciert werden“, betont Dr. Armin Vetter von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, die seit 17 Jahren ein Strohheizwerk betreibt.
Was machbar ist, wenn die Weichen optimal gestellt sind, zeigt das Beispiel Dänemark. Vor 15 Jahren wurde dort ein Förderprogramm gestartet. Inzwischen werden jährlich über fünf Milliarden Kilowattstunden aus Stroh erzeugt – Weltspitze.
Tilo Arnhold/imi