Energieverbraucher Information
Im Jahr 1991 lief in Finnland das erste Handy-Gespräch, heute besitzt – statistisch gesehen – jeder zweite Mensch ein Mobiltelefon. Die Zahl der Internet-Server stieg in der gleichen Zeit um das tausendfache, auf heute weltweit mehr als 400 Millionen. Die explosionsartig wachsenden Datenmengen erreichen den Nutzer immer schneller: Alle fünf Jahre verzehnfachen sich in Internet und Mobilfunk die Übertragungsraten. Und während Großcomputer vor zwei Jahrzehnten pro Sekunde 20 Milliarden Rechnungen abarbeiteten, schaffen die neuesten Supercomputer mehr als eine Billiarde.
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Einer der energieeffizientesten Großrechner weltweit steht im Rechenzentrum Garching der Max-Planck-Gesellschaft (Foto: IPP)
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Mit der Leistungsfähigkeit ist auch der Energiebedarf der Systeme gestiegen: Große Computerzentren, wie sie für das Internet oder andere Rechenleistungen nötig sind, erreichen Leistungsnachfragen von 50 Megawatt. Mehr als zehn Milliarden Kilowattstunden an elektrischer Energie - die Produktion eines Großkraftwerks - verbrauchen allein die rund 50.000 deutschen Rechenzentren jährlich, so das Umweltbundesamt.
Ähnlich steht es bei den Kommunikationssystemen, wie Professor Gerhard Fettweis von der TU Dresden in einer Studie bilanziert: Die Basisstationen und Netze der Mobilfunkbetreiber verbrauchen zusammen mit den Serverfarmen des Internets weltweit rund 240 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr. Hinzu kommen die fast 500 Millionen Hosts, die die Rechenknoten in den Serverfarmen ergänzen. Addiert man den Verbrauch für die Infrastruktur der Mobilfunknetze, des Festnetzes und des Internet, so „erscheint ein Anteil von drei Prozent an der weltweit konsumierten Elektroenergie noch als konservative Schätzung", meint Gerhard Fettweis.
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Verbrauchsprognosen (Daten: BMU/Borderstep) |
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Doch dies ist immer noch relativ wenig verglichen mit der Energie, die Laptops, PCs und Bildschirme in Büros und Haushalten verbrauchen: In Deutschland dürften es, so Fettweis, mittlerweile über zehn Prozent des Gesamtstrombedarfs sein.
Mehr als die Hälfte der Industrieproduktion und nahezu alle Exporte Deutschlands hängen vom Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechniken ab. So wichtig die Systeme für die heutigen Volkswirtschaften sind, so sehr das Internet den Informationsaustausch erleichter, so tiefe Einblicke in die Natur immer schnellere Großrechner der Wissenschaft erlauben - mit heutiger Technologie sind die gegenwärtigen Wachstumstrends kaum fortsetzbar: Zurzeit verdoppelt sich der Energiebedarf für Serverfarmen und Telekommunikation nämlich alle vier bis fünf Jahre. Wie Fettweis vorrechnet, wäre damit der Bedarf in 23 Jahren auf das Niveau des gesamten heutigen Weltstromverbrauchs gestiegen. Den informationstechnischen Standard von Nordamerika, Westeuropa und Japan auf die ganze Welt zu übertragen, würde, so Fettweis, bereits heute 40 Prozent der weltweiten Kraftwerksleistung verschlingen. In kaum zehn Jahren würden sämtliche jetzt laufenden Kraftwerke nicht mehr ausreichen.
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Auf Telefon, Handy und Internet entfallen drei Prozent der weltweit konsumierten Elektroenergie (Foto: BilderBox.com)
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Schon heute sind die Informations- und Kommunikationssysteme zudem für mehr als zwei Prozent der weltweiten Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich. Das entspricht zwei Drittel des Kohlendioxid-Ausstoßes in Deutschland oder dem gesamten, durch den internationalen Flugverkehr verursachten Emissionen des Treibhausgases.
Es sind jedoch vor allem wirtschaftliche Triebkräfte, die energieeffiziente Lösungen vorantreiben. „Für jeden in Computer-Hardware investierten Dollar sind weitere rund 50 Cent für den Stromverbrauch aufzubringen", stellt eine Studie des Marktforschers IDC fest: „26 Milliarden Dollar kosteten 2005 Strom und Kühlung der weltweit vorhandenen Server - mehr als das Doppelte als zehn Jahre zuvor". Neue Großrechenzentren siedeln sich daher heute dort an, wo Strom und Kühlwasser billig sind. Energieeffizienz wird wichtig für den wirtschaftlichen Erfolg - und treibt einen harten Konkurrenzkampf in der Computerbranche an.
So wirbt IBM mit neuen Maßstäben bezüglich Energieeffizienz, die der Superrechner Blue Gene/Q setzen soll, der zurzeit für das US-amerikanische Lawrence Livermore-Laboratorium entwickelt wird: Er soll 15mal schneller sein als die derzeit leistungsstärksten Computer und trotzdem mit jedem der sechs Millionen Watt, die er an elektrischer Leistung verbrauchen wird, 3050 Millionen Rechenschritte ausführen. Mit heutiger Technologie wäre die gleiche Rechenleistung nicht unter 50 Millionen Watt möglich.
Auch andere arbeiten daran, mit verbesserten Prozessoren und optimierter Systemarchitektur sowie intelligenter Steuerung, Kühlung und Abwärmenutzung den Energieaufwand pro Rechenschritt zu senken. Ebenso sind für den Mobilfunk energiesparende Netzarchitekturen, Signalverstärker und programmierbare Prozessoren zu entwickeln, die weiter steigende Datenraten erlauben, ohne zusätzliche Kraftwerkskapazität zu beanspruchen.
imi