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Ausgabe 03/2017
Energiespeicher

Strom-zu-Gas im Praxistest      

Die weltweit erste Anlage, die Strom in Wasserstoff umwandelt und in ein kommunales Gasverteilnetz einspeichert, hat jetzt ihren dreijährigen Probebetrieb beendet und „alle Belastungstests bestanden“, so die Mainova AG. Auf ihrem Gelände in Frankfurt lief seit 2014 das von dreizehn Unternehmen der Thüga-Gruppe getragene 1,5-Millionen-Euro-Projekt.


Der Elektrolyseur: Drei Jahre Probebetrieb sind beendet
(Foto: Thüga)

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Ziel der Strom-zu-Gas-Technologie ist es, überschüssigen Wind- oder Solarstrom in speicherbares Gas – Wasserstoff oder Methan – zu verwandeln und anschließend in das Erdgasnetz einzuspeisen (siehe Energie-Perspektiven 4/2013). Dessen gewaltige Kapazität wäre, anders als Batterien-, Pump- oder Druckluftspeicher, selbst für den Speicherbedarf des Jahres 2050 groß genug. Dann soll der deutsche Strom überwiegend aus erneuerbaren Quellen kommen.

Für die Projektpartner hat die Frankfurter 300 Kilowatt-Anlage ihre Praxistauglichkeit bewiesen und Wirkungsgrade bis zu 77 Prozent – von der Stromentnahme bis zur Gaseinspeisung – demonstriert. Während des Betriebs per Computersimulation mit Wind- und Solaranlagen, einem Blockheizkraftwerk und Stromverbrauchern zusammengeschaltet, konnte sie zudem Schwankungen in diesem virtuellen Netz auffangen.


Das Gasverteilnetz als Wasserstoff-Speicher
(Grafik: dena)

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Trotzdem fehlt noch viel bis zur Marktreife dieser laut Mainova „derzeit aussichts­reichsten Langzeit­speicher­lösung“. Die Projektpartner fordern daher gezielte Förderprogramme, um die Kosten zu reduzieren und die Wirkungsgrade zu erhöhen. Wasserstoff und Methan aus erneuerbaren Energien müssten zudem als Biokraftstoff anerkannt werden. Ähnlich sieht es der Verband kommunaler Unternehmen: „Derzeit sind Power-to-Gas-Anlagen wirtschaftlich nicht rentabel“, so eine Verbandsbroschüre. Dazu bedürfe es „einerseits Fortschritten in der Forschung und Entwicklung der Anlagentechnik, andererseits aber auch Anpassungen des ordnungspolitischen Rahmens.“

Mit wachsendem Anteil erneuerbaren Stroms steigen Flexibilitätsbedarf und Überschussstrom. 2014 konnten 1.581 Gigawattstunden Strom aus erneuerbaren Energien nicht in das Stromnetz integriert werden und mussten abgeregelt werden – bei Entschädigungskosten von rund 187 Millionen Euro. 2016 waren es laut Bundesnetzagentur bereits 372 Millionen Euro.


Fünf Maßnahmen zur Beförderung der Marktreife
(Grafik: dena)

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Diese Härtefallregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes setzt keine Anreize, Strom zu speichern. Im Gegenteil, bedauert die Deutsche Energie-Agentur dena: Sie behindere Entwicklung und Einsatz von Speicherlösungen sogar, weil erneuerbarer Strom auch dann vergütet wird, wenn er nicht verbraucht werden kann. Nicht nur diese Regelung gelte es zu überarbeiten: Strom-zu-Gas-Anlagen seien von Letztverbraucherabgaben zu befreien, die Steuerermäßigung für Erdgas als Kraftstoff müsste verlängert werden, so die dena.

Zu den regulatorischen kommen technische Herausforderungen: Wegen des schwankenden Stromangebots kann eine Strom-zu-Gas-Anlage nicht im Dauerbetrieb laufen. Elektrolyse und Methanisierung müssen flexibel steuerbar werden und häufigem Hoch- und Herunterfahren standhalten können.

In Deutschland gibt es zurzeit über 20 Forschungs- und Pilotanlagen, in denen das Strom-zu-Gas-Verfahren weiterentwickelt wird. Die dena hat zusammen mit Fachleuten aus Wirtschaft, Verbänden und Wissenschaft im Rahmen der Strategieplattform Power to Gas den Handlungsplan für ein ehrgeiziges Ziel erarbeitet: Der großtechnische, wirtschaftlich tragfähige Einsatz mit einer Anlagenkapazität von einem Gigawatt soll bis 2022 erreicht werden.  

imi