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Ausgabe 03/2014
Verkehr

Elektromobilität vor dem Durchbruch?    

Hierzulande fahren derzeit 12.000 Elektroautos und 85.500 Fahrzeuge mit Hybridantrieb, so das Kraftfahrt-Bundesamt – 0,22 Prozent des deutschen PKW-Bestandes von 43,9 Millionen. Weltweit hat sich im vergangenen Jahr die Zahl elektrisch angetriebener Autos auf rund 400.000 verdoppelt, so eine Analyse des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung in Stuttgart.


Rund 20 Prozent der deutschen Kohlendioxid-Emissionen werden vom Verkehr verursacht. (Foto: Panthermedia)

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Langsam nehmen Elektroautos Fahrt auf: Volkswagen bringt mit dem e-Golf den zweiten vollelektrischen Wagen auf den Markt, ebenso BMW mit dem Sportwagen i8. Kürzlich stellten Daimler und sein chinesischer Partner BYD ihr gemeinsam entwickeltes Elektroauto Denza vor. Und in den USA will der Hersteller des Tesla Model S in diesem Jahr 35.000 Stück verkaufen.

Vor zwanzig Jahren sah dies noch anders aus. Damals unternahmen mehrere deutsche Autoproduzenten den so genannten Rügen-Versuch: Zwischen 1992 und 1995 fuhren auf der Insel Rügen 60 Elektrofahrzeuge mehr als eine Million Testkilometer. Die beteiligten Konzerne – darunter Mercedes-Benz, VW, BMW und Opel – sammelten viele Erkenntnisse, aber marktreife Modelle kamen nicht heraus. Daraufhin hat der Verband der Automobilindustrie das Thema Elektroantrieb erst einmal begraben; E-Autos waren fast ausschließlich prestigeträchtige Prototypen auf Autosalons. Mit dem Prius brachte Toyota 1997 das erste Serienmodell mit Hybridantrieb heraus: Ein kleiner Elektromotor unterstützte den Benzinmotor in bestimmten Fahrphasen. Hersteller wie Nissan und Mercedes-Benz zogen nach, doch E-Fahrzeuge blieben ein Nischenmarkt. 2013 wurden in Deutschland lediglich 6400 Fahrzeuge mit Elektroantrieb verkauft. In diesem Jahr rechnen Hersteller und Experten mit deutlich höheren Zahlen. BMW liegen für den i8-Vorgänger i3 nach eigenen Angaben 11 000 Vorbestellungen vor.


Die
Ladedauer der Batterie und die  Reichweite sind wesentliche Kriterien für die Akzeptanz von Elektroautos (Foto: Panthermedia)
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Allerdings ist das Elektroauto nach wie vor nicht für jeden geeignet. Kunden benötigten „wenigstens eine sichere Ladesäule“, so BMW-Sprecher Wieland Brüch, in der Regel in der heimischen Garage. Bei einer Reichweite unter 200 Kilometer, selbst bei energieschonender Fahrweise, setzt BMW vor allem auf zwei Kundengruppen: Pendler, in deren Haushalt es ein zweites Fahrzeug für lange Strecken gibt, und Käufer, die für Langstrecken Serviceangebote wie Kooperationen mit Autovermietungen nutzen.

Mit bundesweit etwa 4400 Ladestationen ist die öffentliche Infrastruktur für Elektrofahrzeuge noch dürftig. Im Mai wurde zumindest eine „Schnelllade-Achse“, die Strecke München-Leipzig-Berlin entlang der Autobahn A9 für E-Autos eröffnet. Und der Verkehrsausschuss des EU-Parlaments hat sich Ende 2013 dafür ausgesprochen, bis 2020 in Europa 450.000 Ladestationen für Elektrofahrzeuge zu bauen, davon 86.000 in Deutschland.

Ein limitierender Faktor ist nach wie vor die Batterie. Produzent Tesla setzt auf eine große Menge klassischer Lithium-Ionen-Batterien, wie sie auch in der Unterhaltungselektronik verwendet werden. Die deutschen Hersteller bevorzugen kleinere Hochvolt-Batterien auf Lithium-Ionen-Basis, die mehr als doppelt so lange halten sollen. Nach 20 Jahren im Auto sollen die Akkus, mit 80 Prozent ihrer ursprünglichen Ladekapazität, noch als Stromspeicher in Häusern dienen.

Nachdem die Batterietechnik in Deutschland jahrzehntelang als ausgereizt galt, boomt die Entwicklung elektrischer Speicher jetzt wieder. „Bei Wissenschaft und Forschung haben wir gegenüber den Asiaten aufgeholt“, so Gerhard Hörpel vom Batterieforschungsinstitut MEET der Universität Münster. „Allerdings fehlen uns noch Erfahrungen in der Großserienproduktion.“

Eckhard Fahlbusch vom Bundesverband eMobilität ist überzeugt, dass die deutschen Produzenten den weltweiten Trend zur Elektromobilität nicht verschlafen. Er verweist dabei auf den Druck wichtiger Auto­märkte, insbesondere China, deren Megacitys ohne Elektromobili­tät am Smog zu ersticken drohten. Die Bundesregierung solle Kaufanreize für Elektrofahrzeuge schaffen, wie sie etwa in Frankreich, China, Japan und den USA bereits existieren, so seine Forderung: „Mit der Massenproduktion werden die Herstellungskosten sinken, wie wir es bei der Digitalkamera, bei den Flachbildschirmen und bei den Solarzellen erlebt haben.“

Stefan Parsch