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Ausgabe 04/2012
Biosprit

Stroh und Holz für den Tank

Biosprit gilt als umweltfreundliche Lösung, um sinkenden Ölreserven und Klimawandel entgegenzutreten. Angesichts weltweit steigender Getreide­preise ist er jedoch in die Kritik geraten. Biomasse als Energiequelle in größerem Maßstab sei keine wirkliche Option für Länder wie Deutschland, meint nun auch die Nationale Akademie der Wissen­schaften Leopoldina in ihrem Report „Bioenergie: Möglichkeiten und Grenzen“. Die Akademie sieht jedoch eine Ausnahme: die Produktion von Biogas aus Abfall wie Hausmüll, Abwasser und Gülle.


Biomasse stellt in Deutschland (2010) mehr als zwei Drittel der erneuerbaren Energie. (Grafik: IPP)

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Auch die zweite Generation des Kraftstoffs Bio-Ethanol aus Holz und Stroh sei dann empfehlenswert, wenn sie deutlich klima­freundlicher werde als Benzin. Die erste Generation setzt Getreide, Mais oder Zuckerrohr ein. Kraftstoffen aus Abfall, Holz oder Stroh bescheinigt auch Acatech, die Deutsche Akademie der Technikwissen­schaften, die größten Biomasse-Potenziale, die zudem nicht in Konkurrenz zu Lebensmitteln stehen. Die Prozesse sind zwar aufwendig, mittel- bis langfristig könnte dieses Ethanol aber preislich eine Konkurrenz zu Öl werden.

Die technischen Hürden allerdings sind hoch, wie sich bei der Firma Choren im sächsischen Freiberg zeigte. Hier startete 2008 unter Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie Vertretern der Mitgesell­schaf­ter Shell, Daimler und Volkswagen eine Biospritanlage der zweiten Generation. Doch bei der schrittweisen Inbetriebnahme hakte es immer wieder, 2011 musste die Firma Insolvenz anmelden.


Ethanol der zweiten Generation wird vor allem aus Ligno-Zellulose gewonnen (Foto: Panther­media)
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Deutschlands derzeit größte Demonstrations­anlage, die aus Zellulose den Biokraftstoff Ethanol herstellt, wurde im Juli im bayerischen Straubing eröffnet. Hier will der Schweizer Konzern Clariant pro Jahr aus etwa 4500 Tonnen Weizenstroh bis zu 1000 Tonnen Ethanol produzieren. Bei dieser Sunliquid-Technik wird die für Menschen unverdauliche Zellulose aus dem Stroh zunächst mit Hilfe von Enzymen in Zuckerbestandteile gespalten. Hefe verwandelt den Zucker dann ähnlich wie beim Bierbrauen in den Alkohol Ethanol, der dem Benzin beigemischt werden kann.

In den Startlöchern steht das Forschungsprojekt Bioliq am Karlsruher Institut für Technologie. „Besonders gut daran ist der dezentrale Ansatz“, meint Biofuel-Experte Dietmar Kemnitz von der Fachagentur Nachwach­sende Rohstoffe (FNR): Reststoffe wie Stroh und Holz werden gesammelt und dezentral in ein erdölähnliches Zwischenprodukt namens Bioliqsyncrude verwandelt. Das wird in eine Hauptanlage gefahren, die daraus in einem zweiten Schritt zunächst Gas und dann Kraftstoff herstellt. Ab Mitte nächsten Jahres soll die Pilotanlage bis zu 50 Liter Kraftstoff pro Stunde liefern. Vision ist eine kommerzielle Anlage, die eine Million Tonnen pro Jahr produziert.


Biodiesel wird in Deutschland zu 90 Prozent aus Raps produziert. (Foto: Panthermedia)

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Auf den Rohstoff Holzabfall haben jedoch auch die großen Energiekonzerne ein Auge geworfen, um daraus klimafreundlichen Strom zu gewinnen (siehe Energie-Perspektiven 4/2011). FNR-Sprecher Torsten Gabriel warnt vor zu viel Euphorie: „Es ist ja nicht so, dass wir unsere Reststoffe derzeit auf Deponien schaufeln.“ Ihre energetische Nutzung sei schon relativ weit entwickelt. „Dennoch steckt hier noch einiges Potenzial drin.“ Damit es auch genutzt wird, müsse die Politik lenkend eingreifen, verlangt Acatech, und ähnlich klare Rahmenbedingungen schaffen wie beim Energieeinspeisegesetz für alternativen Strom.

imi