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Ausgabe 04/2004
Klimaschutz

Russland tritt Kyoto-Protokoll bei

Sieben Jahre nach der Konferenz von Kyoto kann das weltweite System zum Schutz des Klimas endlich wirksam werden: Ende Oktober stimmte das Parlament in Moskau dem Kyoto-Protokoll zu. Nach jahrelangen Verhandlungen beseitigte Russland damit das letzte Hindernis für das Inkrafttreten des Vertragswerks. Dazu muss es von mindestens 55 Staaten ratifiziert werden, auf die wenigstens 55 Prozent der von den Industrieländern im Jahr 1990 erzeugten Kohlendioxid-Emissionen entfallen.

Eine verletzliche Hülle zeigt der Blick vom Weltraum aus auf die Erde (Foto: DLR) Bild vergrößern
Zwar haben bis heute 128 Staaten das Kyoto-Protokoll ratifiziert; die zweite Quote war jedoch nicht erreicht, da Australien und die USA – das Land mit der weltweit größten Produktion an Treibhausgasen – das Abkommen abgelehnt hatten. Mit dem Beitritt Russlands sind die Vertragspartner nun für 62 Prozent des weltweiten Ausstoßes verantwortlich. 90 Tage nach der Einreichung der Ratifikationsurkunde bei den Vereinten Nationen, am 16. Februar 2005, wird die Vereinbarung damit für alle Unterzeichnerstaaten rechtsverbindlich.

Die Klimavereinbarung legt fest, wie viel Treibhausgase, insbesondere das Verbrennungsprodukt Kohlendioxid, die Industrieländer erzeugen dürfen. So verpflichtete sich die Europäische Union, ihren Ausstoß an Treibhausgasen bis zum Jahr 2012 im Vergleich zu 1990 insgesamt um acht Prozent zu reduzieren, Deutschland sogar um 21 Prozent. Russland muss um 17,4 Prozent reduzieren.

Innerhalb der russischen Regierung war das Abkommen lange umstritten. Kritiker befürchteten, die Wirtschaft könne leiden, wenn die Betriebe härtere Umweltauflagen erfüllen müssen. Andererseits liegen die Emissionen wegen des Zusammenbruchs der staatlichen Industrie aus der Sowjetzeit heute ohnehin um mehr als 30 Prozent niedriger als 1990. Daher könnte Russland zunächst von dem Abkommen profitieren und nicht ausgeschöpfte Emissionsrechte an andere Staaten verkaufen. Den möglichen Gewinn schätzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) auf bis zu 20 Milliarden US-Dollar. Die Ratifizierung zum jetzigen Zeitpunkt kann aber auch – so meint der ehemalige russische Umweltminister Viktor Danilow-Daniljan in der Online-Zeitschrift „Russland Aktuell“ – als Gegenleistung für die Unterstützung durch die EU beim für 2005 geplanten Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation WTO gewertet werden: „Ich habe keinen Zweifel daran, dass Umweltschutz und Klima die geringste Rolle bei der Entscheidung gespielt haben. Alle haben an Politik und Wirtschaft gedacht“.

Bisher ist nicht viel erreicht in Europa
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Währenddessen läuft die internationale Klimaschutzpolitik nach wie vor ihren Zielen hinterher, mahnt das DIW. Das bisher Erreichte weicht teilweise krass von den vereinbarten Klimaschutzzielen ab. So sind die Kohlendioxid-Emissionen nach vorläufigen Schätzungen im letzten Jahr weltweit um nahezu vier Prozent gestiegen – und lagen damit 2003 um fast ein Fünftel höher als 1990.

Die Europäische Union hat mit dem bevorstehenden Beginn des Emissionshandels immerhin ihre Entschlossenheit zur Umsetzung des Kioto-Protokolls unterstrichen. Angesichts der Situation in vielen Mitgliedstaaten sind jedoch erhebliche Zweifel an der Zielerreichung angebracht, meint das DIW. Lediglich Großbritannien, Frankreich und Schweden haben ihre Reduktionsziele schon heute übertroffen, Deutschland ist ihnen – mit 19 von versprochenen 21 Prozent – schon recht nahe gekommen. Insgesamt ist aber nicht viel erreicht, zumal längerfristig wesentlich schärfere Reduktionsziele verwirklicht werden müssen.

imi