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Ausgabe 03/2004
Fusionsforschung

ITER – quo vadis?

Besorgt über den auf höchster politischer Ebene ausgetragenen Wettstreit über den Standort für die Fusionstestanlage ITER, der die Bauentscheidung für die internationale Großanlage blockiert, zeigt sich der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss EWSA. Er berät die Europäische Kommission, den Rat und das Parlament: Der Experimentalreaktor ITER, dessen Baupläne seit drei Jahren fertig gestellt sind, ist der nächste große Schritt der weltweiten Fusionsforschung. Mit 500 Megawatt Fusionsleistung soll ITER zeigen, dass sich – ähnlich wie in der Sonne – durch Kernverschmelzung Energie gewinnen lässt.

Fotomontage: Das europäische Forschungsgelände in Cadarache mit den ITER-Gebäuden. (Grafik: CEA Cadarache) Bild vergrößern
Angesichts der bahnbrechenden Beiträge des Europäischen Fusionsprogramms hätten, so EWSA in seiner Stellungnahme Ende Juni, vor dem Wiedereintritt der USA und dem Beitritt Chinas und Südkoreas in die ITER-Partnerschaft kaum Zweifel bestanden, dass der Standort Europa zufallen würde. Während sich Russland und China für das südfranzösische Cadarache aussprechen, setzen sich die USA und Korea jedoch für den Standort Rokkasho-Mura in Japan ein. Damit würde Europa, so befürchtet der Ausschuss, seine Führungsposition verlieren und auf die Früchte der bisherigen Investitionen und Arbeiten für Forschung und Industrie verzichten. Der Ausschuss empfiehlt den europäischen Gremien daher, neue Konzepte der internationalen Arbeitsteilung zu entwickeln, um ITER angesichts seiner strategischen Schlüsselrolle in Europa errichten zu können. Zugleich gälte es aber auch, die bisherige beispiellose internationale Kooperation bestmöglich aufrecht zu erhalten und auszubauen.

In seiner Sitzung am 24. September 2004 hat der Europäische Ministerrat inzwischen darüber diskutiert, ITER notfalls nur mit einem Teil der bisherigen Partner in Cadarache zu bauen. Die Europäische Kommission wurde gebeten, allen Beteiligten den europäischen Standpunkt weiterzugeben und für eine Entscheidung in der nächsten Sitzung des Ministerrats Ende November alle nötigen Informationen bereitzustellen (siehe die Presidency Conclusions).

„Endlich kommt Bewegung in die seit Ende 2003 stockenden Verhandlungen über den ITER-Standort. Dennoch würden wir es sehr bedauern, wenn die bisherige fruchtbare internationale Zusammenarbeit reduziert werden und ITER eventuell ohne die USA, Japan oder Südkorea realisiert werden müsste“, kommentiert Prof. Dr. Alexander M. Bradshaw, der wissenschaftliche Direktor des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) in Garching. Im IPP ist das Interesse an ITER groß: Hier wurden die wesentlichen Kenntnisse für das Experiment erarbeitet; ein großer Teil der Garchinger Forschungstätigkeit ist der Vorbereitung des wissenschaftlichen ITER-Betriebs gewidmet. Garching ist zudem Sitz des europäischen ITER-Teams und des ITER-Direktors.

ITER wurde seit 1988 in weltweiter Zusammenarbeit von europäischen, japanischen, russischen und amerikanischen Fusionsforschern vorbereitet. Seit Juli 2001 liegen die baureifen Pläne vor; wesentliche Bauteile sind als Prototypen gebaut und getestet. 2003 haben sich China und Südkorea dem Projekt angeschlossen, im gleichen Jahr sind die USA nach ihrem vorübergehenden Rückzug im Jahr 1997 dem Projekt wieder beigetreten.

imi