Treibstoff der Zukunft?
Mit der Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls haben sich die
EU-Staaten verpflichtet, ihren Kohlendioxid-Ausstoß in den Jahren 2008 bis
2012 um rund acht Prozent zu senken ein Ziel, das angesichts des ständig
wachsenden Verkehrsaufkommens nicht einfach zu erreichen sein wird. Inwieweit
die Verwendung von so genanntem Biodiesel in Kraftfahrzeugen einen
Ausweg aus dem Dilemma bieten kann, wird von Experten derzeit unterschiedlich
beurteilt.
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Blühende Ölquellen: Für den Rapsanbau werden rund 10
Prozent der deutschen Ackerfläche genutzt. (Foto: BilderBox) |
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Biodiesel ist kein reines Naturprodukt,
sondern wird aus Rapsöl durch synthetische Veresterung mit Methanol hergestellt.
Die Produktion von Rapsöl-Methylester (RME) und seine Nachfrage sind seit
Beginn der 90er Jahre kontinuierlich gestiegen. Derzeit liegt die Jahresproduktion
in Deutschland bei etwa 700000 Tonnen. Biodiesel wird hier an ca. 1800 Tankstellen
bereit gestellt und hat einen Marktanteil von 1,5 Prozent. Die großen
Autohersteller haben die modernen Dieselmotoren dem neuen Kraftstoff bereits
so angepasst, dass er ohne Probleme eingesetzt werden kann. Bei älteren
Modellen müssen unter Umständen Kunststoffteile ausgewechselt werden.
Die Vorteile von Biodiesel scheinen auf der Hand zu liegen: der Bedarf an herkömmlichen
Diesel sinkt, entsprechend weniger Erdöl muss importiert werden, und die
fossilen Energieträger werden geschont. Mit einem Liter Biodiesel lässt
sich etwa dreimal so viel Energie erzeugen, wie für seine Herstellung aufgewendet
wird.
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Die Erzeugung von Biodiesel ist in den letzten
Jahren rasant gestiegen.
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Ein wichtiger Gesichtspunkt ist ferner die Minderung der
Kohlendioxid-Emissionen. Denn bei der Verbrennung von RME wird nur so viel Kohlendioxid
freigesetzt, wie zuvor beim Wachstum der Rapspflanzen aus der Atmosphäre
aufgenommen wurde. Allerdings erfordert ihr Anbau intensive Stickstoffdüngung,
und die ist wiederum mit der Bildung von Lachgas (N2O) gekoppelt, das eine 300
mal größere Treibhauswirkung besitzt als Kohlendioxid. Je nachdem,
wie gut die bei der RME-Erzeugung anfallenden Nebenprodukte genutzt werden,
und wie viel zusätzliches Lachgas in die Atmosphäre freigesetzt wird
(hier gehen die Schätzungen weit auseinander), liegen die Einsparungen
an Treibhausgasen gegenüber herkömmlichem Diesel zwischen 20 und 80
Prozent.
Das Umweltbundesamt, das Ende der 90er Jahre bei dem Heidelberger ifeu-Institut
sowie dem Lehrstuhl für Finanzwissenschaften der Universität Bochum
Gutachten in Auftrag gegeben hatte, zieht dennoch ein eher negatives Resümee:
Biodiesel kann in Deutschland allenfalls 5 Prozent des Bedarfs decken
wobei bereits dies bedeuten würde, dass etwa die Hälfte der landwirtschaftlichen
Fläche mit Raps bebaut wird: Es lassen sich damit also maximal 1 bis 4
Prozent der im Verkehr erzeugten Treibhausgase einsparen. Allein über die
Optimierung von Motoren und Geschwindigkeitsbegrenzungen könnten stärkere
Reduktionen erzielt werden. Angesichts der hohen Kosten für die Herstellung
von Biodiesel sei es ökologisch und ökonomisch effektiver, auf den
landwirtschaftlichen Flächen schnell wachsende Baumarten anzubauen, die
dann zum Beispiel für die Stromerzeugung genutzt werden.
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Die Kapazität der Biodieselhersteller in Deutschland steigt 2004
auf 1,1 Mio. Tonnen pro Jahr. |
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Die Befürworter von RME halten dem entgegen, dass dieser
Kraftstoff umweltfreundlicher als Mineralöldiesel sei: er ist von Natur aus
arm an Schwefel, bei der Verbrennung werden weniger Rußpartikel produziert,
ist biologisch abbaubar und gefährdet daher Gewässer in weit geringerem
Maße.
Auch der Energieexperte Prof. Martin Kaltschmitt vom Institut für Energetik
und Umwelt in Leipzig hält es für sinnvoll, unter bestimmten Randbedingungen
auf den aus Rapsöl gewonnenen Kraftstoff zurückzugreifen. Den Königsweg
zur Lösung der Energie- und Umweltprobleme werde es aber wohl nicht geben.
Notwendig sei vielmehr eine sinnvolle Mischung unterschiedlicher Energieträger,
und Biodiesel könne in geeigneten Nischen die richtige Option sein.
Olivia Meyer