Pumpspeicher untertage
Wenn in zwei Jahren die Subventionierung des Steinkohlenbergbaus in Deutschland endgültig ausläuft, werden auch die beiden letzten aktiven Bergwerke – die Zechen Prosper-Haniel in Bottrop und Ibbenbüren im Münsterland – den Förderbetrieb einstellen. Denn ohne finanzielle Unterstützung rechnet sich der Abbau nicht. Die benötigte Steinkohle wird danach aus dem Ausland importiert.
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Zeche Prosper-Haniel in Bottrop (Foto: RAG, Dietmar Klingenburg)
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Über die Zukunft der ehemaligen Abbaustätten denkt man schon länger nach. Seit 2012 wird untersucht, ob eine Nutzung als Energiespeicher möglich ist, als unterirdischer Pumpspeicher. An der Machbarkeitsstudie, deren erste Ergebnisse jetzt vorgestellt wurden, sind Forscher der Universitätsallianz Ruhr, des Bergbaubetreibers RAG und des Ingenieurdienstleisters DMT beteiligt.
Pumpspeicherkraftwerke sind effiziente Stromspeicher: Überschüssiger Strom treibt elektrische Pumpen an, die Wasser aus einem tiefer liegenden in ein hochgelegenes Wasserbecken füllen. Bei Bedarf flutet das Wasser zurück, treibt dabei Turbinen an und erzeugt Strom (siehe Energie-Perspektiven 3/07). Während Pläne für oberirdische Speicher wegen des hohen Flächenverbrauchs heftige Bürgerproteste auslösen, wären Anlagen untertage weit unproblematischer. Das Wasser flösse zwischen einem See auf dem Werksgelände und den unterirdischen Stollen und Schächten des Bergwerks hin und her. Einige hundert Meter Fallhöhe würden so nutzbar – ein erhebliches energetisches Potential.
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Das Zechengelände (Foto: RAG)
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Bereits stillgelegte Zechen werden in der Studie allerdings nicht betrachtet, da deren Zustand nicht mehr genau bekannt ist. Anders die Bottroper Zeche, die bis Ende 2018 in Betrieb sein wird. Hier stimmen auch die technischen Voraussetzungen, etwa die Fallhöhen zwischen den Sohlen. „Prosper-Haniel ist geologisch und von der Infrastruktur her geeignet, um hier ein unterirdisches Pumpspeicherkraftwerk als geschlossenes System umzusetzen“, fasst Wasserbauexperte und Projektleiter Professor André Niemann das Studienergebnis zusammen: „Wir gehen von einem Speichervolumen von 600.000 Kubikmetern aus. Das heißt, bei voller Ladung bekäme man vier Stunden lang eine Leistung von ca. 200 Megawatt. Das reicht für 450.000 Haushalte.“
Laut Konzept sollen in vier bestehenden Schachtanlagen Rohre rund 500 Meter in die Tiefe führen. Dort wird der untere Speicher – eine gut 15 Kilometer lange Ringleitung oberhalb des späteren Grubenwasserspiegels – neu gebaut. Im geschlossenen Kreislauf umlaufend, ist das Speicher- vom Grubenwasser völlig getrennt. Geeignete Kavernen für Pumpen, Turbinen und Generatoren in Nähe der Zugangsschächte existieren bereits.
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Aufbau eines unterirdischen Pumpspeicher-kraftwerks (Grafik: Uni Duisburg-Essen)
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Rechtlich gibt es keine Bedenken und bei einer repräsentativen Bürgerbefragung in der Region hat eine große Mehrheit Zustimmung signalisiert. Ein Manko ist jedoch: Pumpspeicher lohnen sich derzeit nicht. „Zwar sind die Kosten einer untertägigen Anlage mit 600 bis 2.400 Euro pro Kilowatt vergleichbar mit denen einer oberirdischen“, sagt der Energie-Experte Professor Dr. Hermann-Josef Wagner: „Allerdings sind die regulatorischen Bedingungen in Deutschland gerade sehr ungünstig. Für Stromspeicher etwa wird ein doppeltes Netzentgelt verlangt.“ Das könnte sich künftig aber ändern, vermuten die Wissenschaftler, weil große, flexible Speicher bei steigenden Beiträgen erneuerbaren Stroms für die Energiewende unumgänglich sind.
Im gerade gestarteten zweiten Studienabschnitt soll das Konzept genauer ausgearbeitet werden. Allerdings läuft die Zeit, sagt RAG-Pressesprecher Christof Beike: „Sobald eine stillgelegte Zeche aus der behördlichen Bergaufsicht entlassen werden soll, sind die Schächte zu verschließen, d.h. über einige hundert Meter mit Beton auszufüllen“. Bei der Ende 2015 stillgelegten Zeche Marl, die anfänglich ebenfalls als Pumpspeicher-Standort diskutiert wurde, ist dies bereits geschehen. Eine Entscheidung für Prosper-Haniel muss also rechtzeitig fallen.
imi