Weniger Wolken durch mehr Kohlendioxid
An einem kranken bislang alle Klimamodelle: Sie erfassen nur schlecht, wie sich die Erderwärmung auf die Wolken auswirkt und wie dies wiederum den Klimawandel beeinflusst. Ein bislang unbekannter Rückkopplungsmechanismus zwischen Vegetation und Wolkenbildung könnte den Klimawandel verstärken, wie Forscher aus Deutschland und den Niederlanden jetzt herausgefunden haben.
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Womöglich künftig weniger Wolken über dem Gras? (Foto: Panthermedia)
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Je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasser kann verdunsten – ein einfacher Zusammenhang. Das ist aber nicht immer so: Die Erhöhung des Treibhausgases Kohlendioxid erzeugt zwar ein wärmeres Klima; dennoch verdunstet weniger Wasser. Ursache dieses scheinbaren Widerspruchs sind Pflanzen, die mit ihren Milliarden winziger Blattporen den Gas- und Feuchtigkeitsgehalt der Umgebungsluft beeinflussen. Über eine Reihe von Folgeprozessen erwärmt sich das globale Klima letztlich weiter, wie neue Rechnungen mit Hilfe eines Atmosphärenmodells zeigen.
Das von Wissenschaftlern der Universität Wageningen sowie der Max-Planck-Institute für Chemie und für Meteorologie erarbeitete Computermodell berücksichtigt neben Boden, Wasserkreislauf und Atmosphäre erstmals auch Wachstumsprozesse der Pflanzen. Für die Analyse wurden drei Szenarien berechnet: die Verdopplung des atmosphärischen Kohlendioxid-Gehalts von heute 0,038 auf 0,075 Prozent, die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur um zwei Grad Celsius und die Kombination aus beidem. Alle drei Szenarien beruhen auf den Prognosen des Weltklimarats IPCC und wurden für Bedingungen ermittelt, wie sie im Jahr 2100 zu erwarten sind.
Pflanzen regeln durch das Öffnen und Schließen der Spaltöffnungen an der Unterseite der Blätter, wie viel Wasserdampf und Kohlendioxid sie mit der Atmosphäre austauschen. Bei verdoppeltem Kohlendioxid-Angebot schließen sich die winzigen Poren früher, da die Pflanzen Kohlendioxid für die Fotosynthese schneller aufnehmen. Deshalb geben sie auch weniger Feuchtigkeit nach außen ab. Dadurch wiederum entstehen weniger Cumulus-Wolken, so dass sich die Erdoberfläche stärker erwärmt, weil mehr Sonnenlicht direkt auf die Oberfläche trifft und nicht durch Wolken gestreut wird. Die wärmere Luft erzeugt mehr Turbulenzen in der bodennahen Atmosphäre, wodurch mehr Wärme, aber weniger Feuchtigkeit transportiert wird. Erde und Atmosphäre erwärmen sich durch die Reaktion der Pflanzen auf den erhöhten Kohlendioxid-Gehalt zusätzlich – ein sich selbst verstärkender Prozess.
Im zweiten Szenario, in dem sich die Atmosphäre um zwei Grad Celsius erwärmt, ohne dass sich die Kohlendioxid-Konzentration erhöht, gibt es diese Rückkopplung nicht. Sind sowohl Kohlendioxid-Gehalt als auch Temperatur erhöht, gibt es zwar Effekte, die sich positiv auf die Wolkenbildung auswirken – etwa die Fähigkeit der wärmeren Atmosphäre, mehr Wasser aufzunehmen oder der Zuwachs an Biomasse. Jedoch nimmt die Verdunstung um 15 Prozent ab; die atmosphärische Grenzschicht trocknet aus, wodurch sich weniger Wolken bilden können.
Die Studie zeigt also, dass die verminderte Verdunstung von Pflanzen direkte Auswirkungen auf die turbulenten Austauschprozesse zwischen bodennahen und höher gelegenen Schichten der Atmosphäre hat, und damit die Wolkenbildung verändert.
sb/nw
Originalveröffentlichung:
Jordi Vilà-Guerau de Arellano, Chiel C. van Heerwaarden und Jos Lelieveld: Modelled suppression of boundary-layer clouds by plants in a CO2-rich atmosphere, in: Nature Geoscience, 2. September 2012