Das weltweit erste Kraftwerk nach dem Osmose-Prinzip will bis Ende 2008 der norwegische Energiekonzern Statkraft bauen. Es nutzt den Wasserdruck, der sich aufbaut, wenn Süß- und Salzwasser – zum Beispiel an Flussmündungen – aufeinander treffen. Bescheidene zwei bis vier Kilowatt Strom soll der kleine Prototyp liefern. Geht alles nach Wunsch, soll danach jedoch bereits eine 25 Megawatt-Anlage folgen.
Herstellung einer Membran (Foto: GKSS)
Das Prinzip: Werden Süß- und Salzwasser durch eine spezielle Membran getrennt, die für Wasser durchlässig ist, Salz aber zurückhält, dann strömt – um den Konzentrationsunterschied auszugleichen – Wasser aus dem Süß- in das Salzwasserbecken. Der hier durch diese „Osmose“ entstehende Druck – theoretisch bis zu 26 bar, der Druck einer 260 Meter hohen Wassersäule – kann dann eine Turbine antreiben, die Strom erzeugt (siehe Energie-Perspektiven 3/2005).
Kernstück ist die halbdurchlässige Osmose-Membran. An ihrer Entwicklung maßgeblich beteiligt war das GKSS-Forschungszentrum in Geesthacht bei Hamburg. "Angefangen haben wir mit kommerziell erhältlichen Membranen, wie sie auch in Meerwasser-Entsalzungsanlagen benutzt werden. Die erwiesen sich jedoch schnell als zu undurchlässig für unsere Zwecke. Von den damit erreichbaren 0,1 Watt elektrischer Leistung pro Quadratmeter Membranfläche haben wir uns mit neu entwickelten Trennschichten auf jetzt 3,5 Watt pro Quadratmeter gesteigert", erklärt Professor Klaus-Viktor Peinemann vom Institut für Polymerforschung der GKSS. Wirtschaftlich wird das Verfahren ab mindestens fünf Watt pro Quadratmeter.
Osmose-Membran unter dem Elektronen-Mikroskop (Foto: GKSS)
Nach zehn Jahren Forschung soll nun das erste Prototyp-Kraftwerk entstehen. "Die nötigen 1000 Quadratmeter Membranfläche können wir nicht mehr bei uns im Institut herstellen", sagt Klaus-Viktor Peinemann: "Dafür suchen wir jetzt eine Firma, die die nötigen Spezialmaschinen verfügbar hat". Den Prototyp eingeschlossen, wird Statkraft insgesamt knapp 13 Millionen Euro in die Entwicklung investiert haben. Hinzu kamen öffentliche Fördermittel aus Norwegen und der Europäischen Union. Die an einer Flussmündung im Oslo-Fjord nahe dem Städtchen Hurum geplante kleine Prototyp-Anlage soll eine Plattform sein für die Weiterentwicklung der Technologie. In wenigen Jahren, davon ist man bei Statkraft überzeugt, wird Osmose-Energie mit anderen erneuerbaren Energien konkurrieren können.
Das theoretisch erschließbare Potenzial ist beeindruckend: Geeignete Standorte in Norwegen – Flussmündungen ins Meer – gäbe es laut Statkraft genug, um jährlich bis zu 12 Milliarden Kilowattstunden elektrischer Energie zu erzeugen, also rund zehn Prozent der Energieproduktion des Landes. Europaweit wären es 200 bzw. weltweit 1600 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr – das dreifache des jährlich in Deutschland erzeugten Stroms. Hier allerdings wäre Osmose-Energie kaum zu nutzen: Die Brackwasserzonen der Flussmündungen in Norddeutschland sind meist so ausgedehnt, dass der Konzentrationsunterschied zwischen Fluss- und Meerwasser zu gering zur Stromproduktion ist.