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Ausgabe 03/2007
Fusionsforschung

Eine bayerische Heizung für ITER

Zur Plasmaheizung der Fusionstestanlage ITER wurde eine im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching entwickelte neuartige Hochfrequenz-Ionenquelle ausgewählt. „Für das IPP ist dies ein großer Erfolg, der eine vieljährige Entwicklungsarbeit krönt“, freute sich Bereichsleiter Dr. Eckehart Speth.


Zur Heizung werden schnelle Teilchen in das ITER-Plasma hineingeschossen (Grafik: ITER, IPP)

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ITER (lat. „der Weg“) ist der nächste große Schritt der weltweiten Fusionsforschung. Die Anlage soll zeigen, dass sich aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie gewinnen lässt. In Zusammenarbeit von sieben Partnern – Europa, Japan, USA, Russland, China, Indien und Südkorea – soll der Bau der Anlage im kommenden Jahr im südfranzösischen Cadarache beginnen. Zum Zünden der Fusionsreaktionen muss es gelingen, den Brennstoff – ein dünnes ionisiertes Wasserstoffgas, ein „Plasma“ – auf Temperaturen von über 100 Millionen Grad aufzuheizen. Bei ITER soll dies etwa zur Hälfte die „Neutralteilchen-Heizung“ übernehmen: Schnelle Wasserstoffatome, die in das Plasma hineingeschossen werden, geben beim Zusammenstoßen ihre Energie an die Plasmateilchen ab. Heutige Anlagen erreichen damit auf Knopfdruck ein Mehrfaches der Sonnentemperatur.

So funktioniert die Neutralteilchen-Heizung: Um Wasserstoffatome beschleunigen zu können, müssen sie zunächst als geladene Teilchen – als positive oder negative Ionen – für elektrische Kräfte greifbar werden. In einer Plasmaquelle werden deshalb zunächst aus neutralem Wasserstoffgas durch Elektronen-Entzug positiv geladene Wasserstoffionen erzeugt, die anschließend durch hintereinander liegende Elektroden abgesaugt und beschleunigt werden. Vor dem Einschießen in das Plasma muss der Ionenstrahl wieder neutralisiert werden, weil geladene Teilchen durch das Magnetfeld des Plasmakäfigs abgelenkt würden: Dazu durchlaufen die Ionen einen Gasvorhang. Die meisten nehmen hier das fehlende Elektron wieder auf und fliegen als schnelle Neutrale weiter; der geladene Rest wird mit einem magnetischen Ablenksystem aus dem Strahl herausgezogen.


Die Garchinger Entwickler und ihre Quelle (Foto: IPP)
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Die Großanlage ITER stellt jedoch neue Anforderungen: Zum Beispiel müssen die Teilchen noch drei- bis viermal schneller sein als bisher, damit sie tief genug in das voluminöse Plasma eindringen können. Neue technische Lösungen wurden nötig: Denn die bisher genutzten positiv geladenen Ionen lassen sich um so schlechter neutralisieren, je schneller sie sind – bei den für ITER gewünschten Geschwindigkeiten von 9000 Kilometern pro Sekunde fast gar nicht mehr. „Für ITER muss man daher zu negativ geladenen Ionen übergehen, die auch bei hohen Geschwindigkeiten gut neutralisierbar sind,“ erklärt Dr. Eckehart Speth. Sie lassen sich allerdings wesentlich schwieriger handhaben als positive Ionen: Das zusätzliche Elektron, das für die negative Ladung der Partikel verantwortlich ist, ist nur locker gebunden und entsprechend leicht wieder zu verlieren.

Um die fragilen Objekte für ITER herzustellen, setzte das IPP auf eine so genannte Hochfrequenz-Quelle. Die im IPP entwickelte neuartige Teilchenquelle bietet erhebliche Vorteile. Zum Beispiel ist sie besonders robust und wartungsarm. In einer Vorform schon länger am IPP-Experiment ASDEX Upgrade eingesetzt, arbeitet man seit 2002 daran, sie für die ITER-Ansprüche weiterzuentwickeln (siehe: Hintergrund – Entwicklung einer Hochfrequenz-Ionenquelle für ITER). Die Ergebnisse haben jetzt das ITER-Team überzeugt: „Neue Technik braucht Zeit, bis sie sich durchsetzt“, meint Dr. Speth.

Beendet ist die Entwicklungsarbeit mit der nun gefallenen Entscheidung jedoch noch nicht. Im IPP wird demnächst ein weiterer Teststand für eine Quelle in halber ITER-Größe aufgebaut. Hierfür wurden dem Instiut jetzt vom Bundesforschungsministerium zusätzliche 0,6 Millionen Euro zugesprochen. An dem Teststand soll geprüft werden, ob der Teilchenstrahl den ITER-Anforderungen genügen kann. Das System in Originalgröße soll anschließend das italienische Fusionsinstitut der ENEA in Padua untersuchen.

imi




 

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