Hintergrund: Entwicklung einer Hochfrequenz-Ionenquelle für ITER
Ihren Namen hat die neue Quelle von einer Hochfrequenzwelle, die in Wasserstoffgas eingestrahlt wird und dabei einen Teil der Wasserstoffatome ionisiert. Das entstandene Plasma, eine Mischung neutraler Atome, negativer Elektronen und positiver Ionen, strömt in die eigentliche Strahlquelle, auf deren Innenwände und auf eine erste gitterförmige Elektrode. Aus einer einzelnen Elektrodenöffnung gezogen, würde der Ionenstrom nämlich durch die entstehende Raumladung begrenzt. Deshalb werden mehrere 100 Einzelstrahlen aus ebenso vielen Öffnungen einer gemeinsamen Elektrode, einem „Gitter“, herausgezogen. Die fingerdicken Einzelstrahlen verschmelzen anschließend zu einem breiten Gesamtstrahl, dessen Querschnitt bei ITER knapp Türgröße besitzen wird.
Die Modell-Ionenquelle des IPP (Foto: IPP)
Sind die Oberflächen mit geeignetem Material belegt, etwa mit Cäsium, dann können dort von den Plasmateilchen Elektronen aufgenommen werden – es entstehen negative Wasserstoffionen. Nachdem man die komplizierte Dynamik der Cäsium-Verteilung auf den Wänden ergründet hatte, kann es hier kontinuierlich von einem kleinen Ofen als ultradünne, etwa eine Atomlage starke Schicht aufgedampft werden. Die erzeugten negativen Ionen laufen zunächst in die falsche Richtung, zurück ins Plasma. Ionen in der Nähe des Gitters können jedoch – passend geformte Gitteröffnungen vorausgesetzt – aus dem Plasma heraus gelenkt werden. Sie werden anschließend durch das elektrische Feld eines zweiten Gitters erfasst, zum Strahl gebündelt und mit einem dritten Gitter weiter beschleunigt.
Um die unerwünschten, aber ebenfalls herausgezogenen Elektronen loszuwerden, zwingt sie ein Quermagnetfeld vor dem ersten Gitter auf winzige Kreisbahnen und behindert so ihre Bewegung in Flugrichtung der Ionen. Kleine, in das zweite Gitter eingebaute Permanent-Magnete beseitigen die Elektronen dann endgültig. Sie lenken die leichten Teilchen in spezielle Taschen, die viel schwereren Ionen fliegen nahezu unbehindert weiter. Nicht nur dieses magnetische Innenleben macht die Gitter zu technischen Meisterstücken: Hinzu kommt eine ausgefeilte Wasserkühlung, die trotz der hohen Wärmebelastung während der Heizpulse jede einzelne Öffnung auf hundertstel Millimeter relativ zu ihrem Partner im folgenden Gitter in Position hält.
Das Entwicklungsprogramm im IPP läuft parallel an drei Testständen: Am ersten werden bei kleiner Gitterfläche von rund 100 Quadratzentimetern und kurzen Pulslängen unter 10 Sekunden Stromdichte, Elektronenanteil und Gasdruck optimiert. Im zweiten Teststand lässt sich die Gitterfläche auf 300 Quadratzentimeter ausdehnen, die Pulslänge auf eine Stunde. In der dritten Testanlage lässt sich dann die Übertragbarkeit der Technologie auf ITER-Größe untersuchen.