Kohle in Indien
Indien ist mit einer Fördermenge von 290 Millionen Tonnen – 8,5 Prozent der Weltproduktion – nach China und den USA der drittgrößte Steinkohleerzeuger. Die ausschließlich in staatlichen Betrieben gewonnene Kohle ist die wichtigste Energiequelle des Landes: Sie deckt mehr als die Hälfte des Primärenergiebedarfs und über 70 Prozent der Stromerzeugung. Zugleich ist Kohle auch der am reichlichsten vorhandene Energierohstoff. Die Erdöl- und Gasvorräte dagegen sind gering und können den Bedarf bei weitem nicht befriedigen. Auch Kernenergie oder Erneuerbare Energien – mit Ausnahme der Wasserkraft, die 20 Prozent des Stroms erzeugt – tragen wenig dazu bei, die Kohlenutzung zu reduzieren.
Die indische Bevölkerung, mehr als eine Milliarde Menschen, wächst pro Jahr um etwa 15 Millionen, die Wachstumsraten der indischen Wirtschaft seit 1980 zählen zu den höchsten weltweit. Beides läßt den Energie- und damit den Kohlebedarf stetig ansteigen, wobei die höchsten Zuwachsraten bei der Stromerzeugung erwartet werden. Die heimische Förderung kann hierfür trotz großer Kohleressourcen nicht mehr alleine aufkommen. Indien ist daher immer stärker auf Importe von Kohle, Erdöl und Gas angewiesen, was die Handelsbilanz schwer belastet.
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Die Kohlelagerstätten Indiens (Grafik: RWE Rheinbraun AG) |
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Der jährlich um rund 10 Prozent wachsenden Stromnachfrage kann der Kapazitätsausbau nicht rasch genug folgen. Staatliche Neubauvorhaben laufen wegen knapper Finanzen nur schleppend, private Investoren halten sich zurück, weil die Einnahmen wegen der staatlich verordneten Niedrigpreise zu gering sind: Privathaushalte und Landwirtschaft werden aus politischen Gründen extrem günstig versorgt, während Industrie und Gewerbe einen sehr hohen Strompreis zahlen. Überdies ist die Erzeugung und Verteilung des Stroms durch die staatlichen Versorger häufig ineffizient, so dass es immer wieder zu Stromabschaltungen kommt.
Diese unzureichende Stromversorgung ist ein wesentliches Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Indische Zentralregierung wie auch Unionsstaaten haben inzwischen erkannt, dass die Privatisierung und Entflechtung der bisherigen Staatsmonopole sowie das Zulassen privater Investoren dringend notwendig sind. Mit den seit 1991 eingeleiteten Reformen sind die ausländischen Investitionen im Energiesektor gestiegen. Da der Ausbau in nächster Zukunft vor allem auf Kohle beruhen wird, werden auch die Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid ansteigen – bereits heute erreichen sie bei niedrigen Pro-Kopf-Werten insgesamt Platz sechs der Weltrangliste.
imi