aktuell themen archiv links abo download impressum
    Suche
 
 
 
Ausgabe 02/2000
Geothermie

Energie aus dem Erdinneren

Heute wissen wir sehr genau, daß uns eine Reise zum Mittelpunkt der Erde nicht gut bekommen würde. Alle 1000 Meter steigt die Temperatur nämlich um 30 Grad Celsius an. Als Energiequelle wird die im Erdinneren gespeicherte Wärme schon lange genutzt. Nicht überall gelingt dies so leicht wie etwa in Island. Mit Hilfe der reichlich vorhandenen Heißwasser-Lagerstätten wird dort an einigen Stränden sogar das Meerwasser geheizt, um auch im unwirtlichen Norden für Badespaß zu sorgen.

Das Hot Dry Rock-Projekt in Soultz (Foto: BGR) Bild vergrößern

Wie in Island, den Phillipinen oder Mexiko läßt sich die Gesteinswärme in den Tiefen der Erde überall dort vergleichsweise einfach nutzen, wo natürliche Heißwasser- oder Dampfvorkommen zu finden sind. Leider ist dies nur vereinzelt der Fall; heiße und trockene Gesteinsformationen gibt es jedoch überall. Hier bildet die meist zu geringe Durchlässigkeit der Gesteine für das Trägermedium Wasser das Haupthindernis für eine breite Nutzung der geothermischen Energie. Dies soll sich mit dem Hot Dry Rock-Verfahren ändern: Man versucht, große Gesteinsbereiche aufzubrechen und künstliche Fließwege im Untergrund zu schaffen.

In den siebziger Jahren in Los Alamos entwickelt, wird dieses Verfahren heute an vielen Stellen der Welt erforscht. "Mit Abstand am weitesten fortgeschritten" so Dr. Reinhard Jung von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover, ist das Europäische Gemeinschaftsprojekt in Soultz-sous-Forêts im Elsaß. Hier im Rheingraben findet man günstige Bedingungen: In 3900 Meter Tiefe herrschen bereits Temperaturen von 170 Grad Celsius; außerdem reicht schon niedriger Wasserdruck zur Zerklüftung des Gesteines aus.

Um die Wärme anzuzapfen, wurden zwei Bohrung in einem Abvon 450 Metern niedergebracht. Durch Einleiten von Wasser unter Druck versuchte man anschließend, die im Gestein vorhandenen Risse weiter aufzubrechen, um das Gestein wasserdurchlässig zu machen und künstliche Verbindungen zwischen den Bohrlöchern zu schaffen. Auf diese Weise entein riesiger Wärmetauscher. Im anschließenden Testbetrieb wurde kaltes Wasser in das eine Bohrloch eingespeist und durch das heiße Gestein erwärmt aus der anderen Bohrung herausgepumpt: Mit Fließraten bis zu 25 Litern pro Sekunde und einer Wärmeleistung von 11 Megawatt konnten erstmals wirtschaftlich interessante Werte erreicht werden.

Das Hot Dry Rock-Projekt in Soultz im Querschnitt.
(nach R. Jung, BGR und R. Jones, Camborne School of Mines Associates)
Bild vergrößern

Die aus dem Erdinneren nachfließende Wärme – pro Jahr 0,063 Watt pro Quadratmeter – kann die Abkühlung während der rund 30 Jahre Betriebsdauer eines Hot-Dry-Rock-Systems erst nach Jahrhunderten wieder ausgleichen. Grund ist die niedrige Wärmeleitung des Gesteines. Da jedoch weltweit gewaltige Mengen an Erdwärme zu Verfügung stehen, zählt man auch diese Energiequelle zu den Erneuerbaren. Bis zur technischen und kommerziellen Reife sind jedoch noch eine Reihe von Problemen zu lösen: Zum Beispiel müssen billige Bohrtechniken entwickelt werden; der Umgang mit den stark mineralhaltigen Wässern, die Gesteinsklüfte und Rohrleitungen verstopfen können, stellt hohe Ansprüche an die Technik. Auch kann, je nach Strömungswider im Gestein, die erforderliche Pumpleistung sehr hoch sein und die Nettoleistung eines Kraftwerks erheblich reduzieren.

Erdwärme in Deutschland
(Quelle: R. Schellschmidt, C. Clauser (1997))
Bild vergrößern

In Soultz ist man im letzten Jahr in Bohrtiefen von 5000 Metern vorgestoßen. Das in diesem Jahr erzeugte Riß-System übertrifft laut Reinhard Jung alle Erwartungen: Die Fließwege sind ausreichend weit, um mit mäßiger Pump-Energie auszukommen; das geförderte Wasser ist 200 Grad heiß – "genug für ein erstes experimentelles Kraftwerk". Die noch fehlende zweite Bohrung wird in den kommenden beiden Jahren niedergebracht. In fünf Jahren soll dann das Experimental-Kraftwerk laufen. Bei Wasserflüssen von 80 Litern pro Sekunde könnten für mehrere Jahre etwa 30 Megawatt an Wärme aus dem Erdinneren gezogen werden. Damit ließe sich dann – bei einem Wirkungsgrad von 10 Prozent – 3 Megawatt elektrische Leistung gewinnen. Die weitere Entwicklung hin zu einem Prototyp-Kraftwerk soll ein von Electricité de Strasbourg und der Pfalzwerke AG gegründetes Industriekonsortium begleiten.

ham/imi



Weiterführende Literatur:
Rohstoffwirtschaftliche Länderstudien, XVII: Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen 1998, Kapitel 6: Geothermische Energie. Hrsg.: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover 1999


 

Woher kommt die Gesteinswärme?