Auf dem Bauplatz für den internationalen Fusionstestreaktor ITER im südfranzösischen Cadarache sind die Arbeiten in vollem Gange: Kürzlich wurde der Grundstein für das Hauptgebäude gelegt. Schon im September ist der erste Zement geflossen – für das Gebäude zur Fertigung der großen Vertikalmagnetspulen, die wegen ihrer Ausmaße vor Ort hergestellt werden. In der Nachbarschaft wird die Baugrube für die Experimenthalle ausgeschachtet. Das zwanzig Meter in die Tiefe reichende Gebäude wird später den Testreaktor aufnehmen.
Von der Magnethalle stehen schon die Betonpfeiler (Foto: ITER)
Begonnen hat auch die Herstellung der Anlagen-Bauteile: Die supraleitenden Niob-Zinn-Kabel zum Beispiel, aus denen später die 18 Hauptmagnetspulen für ITER gewickelt werden, entstehen bei nicht weniger als sechs der sieben ITER-Partner zugleich. So soll neben dem wissenschaftlich-technologischen Kenntnisgewinn auch die industrielle Erfahrung geteilt werden. Insgesamt vierhundert Tonnen der kupferumhüllten Supraleiter werden benötigt, was die bisherige Weltjahresproduktion von geschätzten fünfzehn Tonnen gewaltig angekurbelt hat: Zwei Hersteller in Japan, je einer in Korea, Russland und Europa sowie zwei in den USA haben in den letzten beiden Jahren zusammen mehr als hundert Tonnen oder über 21.000 Kilometer der supraleitenden Drähte gefertigt. In China wird die Produktion demnächst starten. Insgesamt hat das ITER-Team inzwischen Beschaffungsaufträge im Wert von rund 60 Prozent der Projektkosten an die zuständigen Agenturen der sieben Projektpartner weitergegeben – zu den oben genannten kommt noch Indien hinzu – welche die Fertigungsaufträge für die ITER-Bauteile in ihren Ländern betreuen.
Dr. Remmelt Haange, der neue Technische Direktor von ITER (Foto: IPP)
Verantwortlich für den Aufbau des Testreaktors wird ab Januar nächsten Jahres Dr. Remmelt Haange sein, der nach der kürzlichen Umstrukturierung des ITER-Teams zum neuen Technischen Leiter und stellvertretenden ITER-Generaldirektor ernannt wurde. Das Entstehen großer Fusionsanlagen hat er bereits mehrfach begleitet: Der im niederländischen Anloo geborene Ingenieur hat an Planung und Umbau des europäischen Gemeinschaftsunternehmens JET mitgewirkt und in der japanischen ITER-Planungsgruppe in Naka gearbeitet, zuletzt als deren Direktor.
Der internationale Testreaktor ITER (Grafik: ITER)
Seit 2005 leitet er den Aufbau des Stellarators Wendelstein 7-X im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald. Die technologischen Herausforderungen, die die raffinierte asymmetrische Gestalt dieser Anlage beim Zusammenbau stellt, sind gewaltig: „Als Tokamak ist ITER zwar einfacher geformt“, meint Dr. Haange. „Dafür ist er aber wesentlich größer und die sieben Projektpartner sind über die ganze Welt verteilt“. Die enorme Aufgabe sei jedoch lösbar, nachdem im Juli die Eckdaten für ITER genehmigt und die Ziele der Anlage bestätigt wurden. „Nun müssen wir sicherstellen, diese Meilensteine auch zu erreichen“: Das erste Plasma soll ITER im Jahr 2019 erzeugen. Mit den beiden Fusionsbrennstoffen Deuterium und Tritium soll der Testreaktor dann ab 2027 arbeiten und zeigen, dass ein Energie lieferndes Fusionsfeuer möglich ist.