Die Jagd nach dem Wirkungsgrad
Herkömmliche Silizium-Solarzellen für terrestrische
Anwendungen erreichen im Labor Wirkungsgrade von 10 bis 24 Prozent. Aufsehen
erregte daher das kürzlich veröffentliche Ergebnis der amerikanischen
Firma Spectrolab, die mit so genannten Triple-junction-Zellen den
weltweit höchsten Laborwert für eine Solarzelle von 36,9 Prozent erzielte.
Die Funktionsweise von Solarzellen beruht darauf, dass die Ladungsträger
in dem Halbleiterkristall durch den Lichteinfall genügend Energie erhalten,
um die Energielücke zwischen dem Valenzband und dem Leitungsband zu überwinden.
Solarzellen aus einem einzigen Material können das Sonnenlicht nicht optimal
ausnutzen: Licht, d.h. Photonen mit Energien, die kleiner als die Bandlücke
sind, passieren die Halbleiterschicht und gehen somit verloren,
während sehr energiereiche Photonen nur zu einer Erwärmung des Materials
führen. Tandem- und Triple-Solarzellen bestehen aus zwei bzw. drei aufeinander
gestapelten Zellen aus unterschiedlichen Halbleitern. Die oberste Zelle hat
die größte Bandlücke: sie absorbiert das energiereiche blaue
Licht und lässt das rote durch. Die unteren Zellen nehmen dagegen die langwelligeren
Anteile des Sonnenspektrums auf. Als besonders günstig erweist es sich,
die unterschiedlichen Schichten in einem einzigen Herstellungsprozess auf einem
gemeinsamen Substrat monolithisch übereinander abzuscheiden.
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Schema einer Tandemsolarzelle.
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Als Materialien eignen sich die sogenannten III-V-Halbleiter, Verbindungen aus
Elementen der III. Gruppe des Periodensystems wie z.B. Aluminium, Gallium und
Indium, und Elementen der V. Gruppe wie Phosphor, Arsen oder Antimon. Durch
gezielte Kombination dieser Stoffe lassen sich Absorptionskanten zwischen 500
Nanometern (blau) und 6000 Nanometern (infrarot) einstellen.
1984 wurden erstmals am NREL (National Renewable Energy Laboratory) in Golden,
Colorado, monolithische Stapelzellen aus GaInP und GaAs untersucht. 1996 stellten
die US-Firmen Tecstar und Spectrolab Triple-Zellen her, indem sie eine Infrarot
absorbierende Germaniumzelle hinzufügten. Mit Solarzellen dieser Art werden
zur Zeit Satelliten mit Strom versorgt. Für terrestrische Anwendung in
konventionellen Flachmodulen sind diese Zellen jedoch zu teuer. Lohnen würden
sie sich indes in Systemen, die das Sonnenlicht konzentrieren und deshalb viel
weniger Halbleitermaterial verbrauchen. Für diesen Zweck ist auch die eingangs
erwähnte Rekord-Triple-Zelle von Spectrolab konzipiert.
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Ein FLATCON- Konzentrator-Modul, bestehend aus 48 Tandem-Einheiten
(Foto: Fraunhofer ISE, Freiburg)
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In Deutschland verfolgen Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Solare
Energiesysteme (ISE) in Freiburg das Ziel, die Erfolge der Weltraumsolartechnik
auf Erden nutzbar zu machen. Sie entwickelten für die 300 bis 1200fache
Konzentrationen der Sonnenstrahlung eine Tandem-Solarzelle aus GaInP (300 bis
740 Nanometer) und GaInAs (740 bis 1050 Nanometer), die einen Wirkungsgrad von
ca. 30 Prozent erreicht. Dies stellt einen europäischen Spitzenwert dar.
In Zusammenarbeit mit dem Ioffe-Institut in St. Petersburg bauten die ISE-Wissenschaftler
zu Testzwecken sogenannte FLATCON-Module (Fresnel All-glass Tandem-cell
Concentrator). Ein Modul besteht aus 48 Tandem-Konzentratoreinheiten, bei denen
flache Fresnellinsen das Licht auf 500 Sonnen bündeln und auf die nur wenige
Quadratmillimeter großen Solarzellen lenken. Ein Glasgehäuse dichtet
diese Anordnung hermetisch ab. Die einzelnen Module haben eine Leistung von
ca. 5 Kilowatt, der Wirkungsgrad des besten Testmoduls liegt bei etwa 24,8 Prozent.
Derzeit wird eine Testanlage aus mehreren Modulen errichtet, wobei ein Tracker
mit 30 Quadratmetern installiert wird. Daneben führt das ISE-Institut eine
Studie durch, um die Kosten für FLATCON-Module mit Triple-Solarzellen abzuschätzen.
Konzentratorsysteme mit Solarzellen aus III-V-Halbleitern könnten die Basis
solarer Kraftwerke bilden. Da nur wenig Halbleitermaterial benötigt wird,
sind hier hohe Modulzahlen mit Leistungen bis in den Gigawattbereich zu realisieren
allerdings nicht in unseren Breiten, den diese Solarzellen können
lediglich direkte, nicht aber diffuse Sonnenstrahlung nutzen.
Olivia Meyer