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Ausgabe 03/2002
Klimaschutz


Die Entsorgung von Kohlendioxid

Mit dem Vertrag von Kyoto vom 11. Dezember 1997 haben sich die Industriestaaten dazu verpflichtet, ihre jährlichen Emissionen an Kohlendioxid zur verringern oder zumindest einzufrieren. In der Öffentlichkeit werden vor allem zwei Maßnahmen diskutiert, um dieses Ziel zu verwirklichen: Das Einsparen von Energie sowie die Förderung erneuerbarer Energien wie Windkraft, Wasserkraft und Solartechnik. Im Rahmen einer weltweiten Forschungsinitiative, an der sich auch die Internationale Energie Agentur (IEA) in Paris beteiligt, loten Wissenschaftler indes die technischen Möglichkeiten einer weiteren Option aus: der Abtrennung und Einlagerung dieses Treibhausgases.

Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass die fossilen Energieträger, bei deren Verbrennung das klimaschädliche Kohlendioxid entsteht, noch lange nicht zur Neige gehen und daher in naher Zukunft auch weiter im industriellen und privaten Bereich (z.B. Heizöl und Benzin) Verwendung finden werden. Sofern das Gas aus stationären Quellen, zum Beispiel Kraftwerken oder chemischen Fabriken, stammt, könnte man es aus den Abgasen herausfiltern, auffangen und in geeigneten Lagerstätten unterbringen.

Die Injektion und Einlagerung von Kohlendioxid in unterirdische geologische Systeme wie ausgebeutete Öl- und Erdgaslagerstätten ist schon Stand der Technik. Ein Beispiel ist das vor der norwegischen Küste gelegene Sleipner-Feld. Das hier geförderte Erdgas ist zu 9 Prozent mit Kohlendioxid verunreinigt, dass chemisch extrahiert werden muss. Statt es wie andernorts in die Luft zu pusten, komprimiert die Besatzung das Gas und presst es in eine 1000 Meter unter dem Meeresgrund liegende, salzwasserführende Gesteinsschicht, ein sogenanntes Aquifer. Anreiz für diese Vorgehensweise war die Steuer – anfänglich etwa 50 Euro pro Tonne Kohlendioxid, welche die norwegische Regierung seit einigen Jahren auf den Ausstoß von offshore-Kohlendioxid erhebt.


Von 1999 bis 2100 könnten weltweit bis zu 69 Milliarden Tonnen Kohlendioxid durch EOR und ECBM entsorgt werden. Bild vergrößern
Weit verbreitet ist in den USA mittlerweile die "Enhanced Oil Recovery"-Methode (EOR), durch das Hineinpumpen von Kohlendioxid die Ausbeute von Erdöllagerstätten zu erhöhen. In den meisten Projekten greifen die Nordamerikaner dabei auf natürliche Kohlendioxid-Quellen wie den McElmo-Dom zurück. Lediglich in vier Projekten stammt das Kohlendioxid aus Kraftwerken oder Fabriken. Dies ist zwar aufwendiger, denn das Gas muss herausgefiltert, komprimiert und als "superkritische Flüssigkeit" in einer Pipeline transportiert werden. Dafür schlägt man bei der Nutzung anthropogener Quellen sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe: Mit der besseren Nutzung der Ölfelder wird gleichzeitig der Ausstoß von Treibhausgasen in die Atmosphäre reduziert.

Auch die Möglichkeiten der "Enhanced Coal Bed Methane"-Produktion (ECBM) hat die IEA ausführlich untersucht. Hier geht es darum, Grubengas (es besteht zu 90 Prozent aus Methan) aus Kohleflözen zu extrahieren, wiederum durch Injektion von Kohlendioxid. Wie teuer das Verfahren ist, d.h. wie wirtschaftlich die Grubengasgewinnung ist, hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Die Studie der IEA kommt zu dem Schluss, dass ECBM in Australien, China, Polen und Indien eine wichtige Rolle spielen kann. Pilotprojekte werden zur Zeit in Polen (Oberschlesien) von der EU gefördert.

EOR und ECBM kombinieren Kohlendioxidspeicherung mit höherer Brennstoffausbeute. Nach der bisherigen Erfahrung wirken sie sich nicht negativ auf die Umwelt aus. Allerdings lassen sich auf diese Weise nur relativ geringe Mengen an Kohlendioxid entsorgen.

Weit mehr Treibhausgas könnten abgebaute Salzdome oder unterirdische Höhlensysteme oder Aquifere aufnehmen. Ein noch größeres Reservoir bietet nach Ansicht von Experten jedoch die Tiefsee. Das Kohlendioxid ließe sich zum Beispiel in eine Meerestiefe von 1000 bis 200 Meter einbringen. Dabei ist auf eine ausreichende Verdünnung zu achten, damit das Wasser nicht "sauer" wird und die Meersfauna- und -flora beeinträchtigt. Die andere Strategie zielt darauf, das Kohlendioxid in einer Tiefe von 3000 Metern zu lagern. Aufgrund des hydrostatischen Drucks würde es sich verflüssigen, einen zusammenhängenden "See" bilden und sich mit dem Meerwasser nicht vermischen.

Insbesondere die Pläne der Tiefsee-Speicherung stoßen zur Zeit auf heftige Proteste. Ein Forschungsvorhaben, diese Methode vor Hawaii im Pazifischen Ozean zu erproben, wurde deshalb vor kurzem von den Initiatoren selbst – einem Konsortium aus Wissenschaftlern aus den USA, Japan, Norwegen, Schweiz, Kanada und Australien – gestoppt.

Umweltschützer betrachten die Vorhaben der Kohlendioxid-Speicherung mit einigem Missbehagen, setzen sie doch darauf, die Energieversorgung gänzlich von fossilen Brennstoffen abzukoppeln. Doch der eine Weg – Energiesparen und Ausbau regenerativer Energien – schließt den anderen ja nicht aus. Vermutlich ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen notwendig, um eine weitere Erwärmung der Atmosphäre zu verhindern und das globale Klima zu bewahren.

Olivia Meyer


Weitere Informationen:

Die Entsorgung von Treibhausgasen, Spektrum der Wissenschaft, Mai 2000, Seite 48 ff.